Doch kein Betrug?

Streit um Millionen-Erbe: 6,5 Jahre Haft nur ein Irrtum?

Österreich
04.05.2012 15:22
6,5 Jahre sollte eine Krankenschwester laut Urteil in einem Betrugsprozess ins Gefängnis, weil sie sich mit einem gefälschten Testament und ebenso gefälschten Adoptionsverträgen das Erbe einer reichen Wiener Witwe erschlichen haben soll. Diese hatte sie als Pflegerin bis zum Tod im September 2006 betreut. Mit einem Beschluss des Landesgerichts Wien wurde nun aber die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige hatte im Prozess erklärt, die Unterschriften der im 80. Lebensjahr verstorbenen Döblinger Hofratswitwe wären sowohl im Testament, mit dem sie ihre Pflegerin zur Alleinerbin eingesetzt haben soll, als auch in den Adoptionsverträgen von fremder Hand nachgemacht worden. Die Staatsanwaltschaft Wien und auch die Gerichte kamen daraufhin zum Schluss, die Pflegerin habe das sie begünstigende Testament selbst aufgefasst und mit verfälschten Unterschriften der Erblasserin die rechtmäßigen Erben um mehr als 5,4 Millionen Euro gebracht.

Neue Gutachten brachten die Wende
Die Anwälte der Krankenschwester zweifelten allerdings an der Rechtmäßigkeit des an sich rechtskräftigen Urteils. Zum einen wurden insgesamt drei Privatgutachten vorgelegt, die zum Schluss kamen, dass die Feststellungen des offiziellen Gerichtsgutachters, die zum Schuldspruch der Krankenschwester geführt hatten, möglicherweise unzutreffend waren. Diese Gutachten waren alle zu dem Ergebnis gekommen, dass die fraglichen Unterschriften auf dem Testament und der Adoptionsurkunde tatsächlich von der Verstorbenen stammten. Außerdem hatte ein Zeuge seine Aussage gegen die Pflegerin später widerrufen.

Unterschriften mit "hoher Wahrscheinlichkeit" von der Witwe
Das Gericht ließ "unter Berücksichtigung sämtlicher Privatgutachten sowie zwischenzeitlich eingetroffener Vergleichsunterschriften" eine weitere Expertise erstellen. Der Sachverständige kam zum Schluss, dass keine Unterschriftenfälschung nachgewiesen werden könne und die Signaturen "vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit" von der Witwe stammen. Diese Erkenntnis erscheine – auch in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen – geeignet, "die Freisprechung der Verurteilten zu begründen", heißt es in dem Gerichtsbeschluss.

Der Beschluss des Landesgerichts Wien ist nicht rechtskräftig, denn die Staatsanwaltschaft wird Rechtsmittel ergreifen, sagte ein Sprecher der Behörde am Freitag. Die Pflegerin hat ihre Strafe übrigens nie antreten müssen.

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