Nicht universell

Menschliche Mimik ist je nach Kultur unterschiedlich

Wissenschaft
17.04.2012 14:16
Europäer und Asiaten formen und verstehen Gesichtsausdrücke deutlich unterschiedlich. Dies berichtet ein Forscherteam aus Deutschland und Großbritannien. Ihre am Montag veröffentlichte Studie widerlegt die lang gehegte Annahme, dass die Mimik der Gefühle universell sei.

Schon Charles Darwin hatte erklärt, dass die Mimik der sechs fundamentalen Emotionen - Freude, Überraschung, Angst, Ekel, Wut und Trauer - für den Menschen lebensnotwendig und somit biologisch begründet sei. Lange Zeit galt deshalb als gesichert, dass alle Menschen weltweit diese Emotionen gleich ausdrücken und verstehen.

Doch nun zeigt die Studie des Forscherteams aus Freiburg und Glasgow, dass Asiaten Mimik anders einsetzen und lesen als Menschen westlicher Länder. Während die europäischen Testpersonen die sechs Gefühlskategorien klar unterschieden, war die Definition bei Chinesen viel unschärfer, wie die Forscher berichten.

Andere Gefühle in Asien wichtiger
Offenbar bilde das westliche Konzept der Emotionen die Gefühlswelt der Asiaten nur schlecht ab, schreiben die Autoren. In asiatischen Kulturen seien nämlich Gefühle wie Scham, Stolz und Schuld ebenso fundamental. Überrascht stellten die Forscher zudem fest, dass die Asiaten der Intensität der Gefühle keine Bedeutung beimaßen. Während westliche Menschen zum Beispiel zwischen starker und leichter Angst unterschieden, kategorisierten die Chinesen beides gleich.

Dies könnte theoretisch daran liegen, dass starke Gefühle in ihrer Kultur eher unterdrückt werden, sagte Roberto Caldara von der Universität Freiburg. Laut den Autoren lässt sich die Universalitäts-Theorie nicht länger aufrechterhalten. "Ausdruck und Verständnis von Gesichtsausdrücken sind sehr wohl stark kulturabhängig und keineswegs universell", so Caldara.

Testgesichter erstellt
Das klare Resultat verdanken die Forscher einer neuen Methode. Statt auf den üblichen Katalog von Gesichtsausdrücken - von Schauspielern dargestellt - zurückzugreifen, ging Philippe Schyns von der Universität Glasgow individueller vor. Er spielte jeder der 30 Testpersonen am Computerbildschirm eine Serie von dynamischen Gesichtern vor. Die Person selbst gab an, ob ihr ein gewisser Ausdruck traurig, fröhlich oder wütend vorkam. Daraus wurden dann die Testgesichter erstellt, wie die Universität in einer Aussendung mitteilte. Die Erkenntnisse wurden im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht.

Schon in früheren Studien hatte das Team um Caldara kulturelle Unterschiede im Gesichterlesen nachgewiesen. Asiaten konzentrieren sich ausschließlich auf die Augen, um aus der Miene ihres Gegenübers dessen Gefühle abzulesen. Menschen aus westlichen Ländern hingegen schauen auch auf den Mund. Dies könnte den Forschern zufolge erklären, warum asiatische Gesichter für Weiße oft so starr wirken.

Unterschiede auch bei Smileys
Der kulturelle Unterschied werde auch in den typischen "Emoticons" - kurzen Zeichenfolgen zum Ausdruck der Stimmung in E-Mails oder SMS - deutlich. Im Westen verdeutliche vor allem das Zeichen für den Mund die Stimmung. Im Osten seien dagegen auch bei den Smileys die Augen entscheidend - daher werden andere Sonderzeichen für "fröhlich" und "traurig" verwendet.

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