Trauma wegen Krieg?

Irak-Veteran tötet Schwester (11) – Mutter vermisst

Ausland
19.03.2012 07:52
Das Massaker eines US-Soldaten in Afghanistan hat in den USA die Diskussion über die Folgen von traumatischen Erlebnissen in Kampfeinsätzen angeheizt. Nun erschüttert auch die Bluttat eines Irak-Veteranen das Land: Der Ex-Soldat aus dem kalifornischen Farmerort Gilroy soll nach Medienberichten am Mittwoch seine elfjährige Schwester und dann sich selbst erschossen haben. Vermutlich habe Abel Gutierrez auch seine Mutter getötet, so die Polizei.

Von der Frau fehlte bis zum Sonntag jede Spur. "Wir nehmen an, dass sie mindestens schwer verletzt ist, wenn nicht tot", so ein Polizeisprecher im TV-Sender ABC.

Wenige Tage zuvor hatte die Familie des Nationalgardisten die Polizei alarmiert. Der 27-Jährige habe häufig von Selbstmord geredet. Er sei als veränderter Mann aus dem Krieg heimgekehrt. Der Polizei sei bekannt gewesen, dass Gutierrez Waffen besaß. "Die Familie erklärte, sie fürchte keine Gewalt, sondern sorge sich vielmehr um Gutierrez selbst", so Polizeisprecher Chad Gallacinao. Die Familie habe jedoch keine Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung gefordert.

Drittel leidet am posttraumatischen Stress-Syndrom
Nach aktuellen Studien über die psychischen Folgen von Kriegseinsätzen leidet etwa ein Drittel aller Irak- und Afghanistan-Rückkehrer am sogenannten posttraumatischen Stress-Syndrom (PTSD). Nach einer Untersuchung des Armee-Forschungszentrums für Gesundheit in Silver Spring in Maryland verdoppelt sich das Risiko für männliche Soldaten nach drei aufeinanderfolgenden Einsätzen im Vergleich zu dem von Soldaten, die lediglich einmal in den Krieg geschickt wurden. Der mutmaßliche Amokschütze, der vor einer Woche 16 Zivilisten in Kandahar getötet haben soll, war bereits zum vierten Mal in einer Kampfzone stationiert.

Juristische Vertreter von Militärfamilien mahnen seit Längerem die psychische Belastung der US-Soldaten durch Mehrfachstationierungen in einem kurzen Zeitraum an. "Es ist überraschend, dass dieses Geschehnis nicht viel früher passiert ist, wenn man bedenkt, wie oft wir im Irak oder in Afghanistan gewesen sind", sagte Michael Waddington, ein Anwalt für Militärangestellte der "Washington Post" mit Blick auf das Massaker in Afghanistan.

Auch die Zahl der US-Soldaten, die sich selbst das Leben genommen haben, ist nach einer Untersuchung der Gesundheitsabteilung der US-Armee alarmierend gestiegen. Wie Mediziner diesen Monat in einem Artikel erklärten, habe sich die Suizidrate in den Jahren 2004 bis 2008 um 80 Prozent zu den Vorjahren erhöht.

Vor dem jüngsten Massaker in Kandahar und anderer Zwischenfälle mit US-Soldaten in Afghanistan reist der afghanische Außenminister Zalmay Rassul am Montag in die USA. Rassoul werde mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton und weiteren US-Regierungsvertretern zusammentreffen, erklärte sein Ministerium. Das Massaker hat zu neuen schweren Verstimmungen zwischen Kabul und Washington geführt.

Haus drei Tage vor Amoklauf zum Verkauf ausgeschrieben
Der mutmaßliche Amokschütze von Kandahar ist in ein Militärgefängnis im US-Bundesstaat Kansas gebracht worden. Der 38 Jahre alte Unteroffizier Robert Bales sei am Freitag in Fort Leavenworth eingetroffen, berichten US-Medien unter Berufung auf namentlich nicht genannte Militärquellen. Die "Washington Post" berichtete am Sonntag, der zweifache Familienvater sei gegen seinen Wunsch in Afghanistan stationiert worden. Er habe große finanzielle Sorgen gehabt und das Haus seiner Familie in Tacoma im Bundesstaat Washington nicht mehr unterhalten können. Drei Tage vor dem Amoklauf vor einer Woche sei es zum Verkauf ausgeschrieben worden.

Der frühere Börsenmakler, der nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 Soldat wurde, habe während seiner vier Auslandsaufenthalte Schwierigkeiten gehabt, seine Rechnungen zu begleichen und den Draht zu seinen beiden Kindern zu halten, berichteten seine Freunde der Zeitung. Nach seiner Rückkehr vom dritten Einsatz im Irak hätten Bales und seine Frau auf eine Beförderung des mehrfach ausgezeichneten Soldaten und auf eine bessere Besoldung gehofft. Beide seien sehr enttäuscht gewesen, als stattdessen der Marschbefehl nach Afghanistan kam. Das afghanische Parlament geht entgegen der Darstellung der US-Armee zu dem Massaker nicht von einem Einzeltäter aus.

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