Telekom-U-Ausschuss

Nemsic: “Wusste nichts von der Kursmanipulation”

Österreich
15.03.2012 20:02
Der frühere Generaldirektor der Telekom Austria, Boris Nemsic, hat am Donnerstag im U-Ausschuss entschieden bestritten, dass er von der Manipulation des Telekom-Aktienkurses gewusst habe. Er sei in jener Woche im Jahr 2004 in Cannes gewesen. Erhellendes gab es dann am Abend: Die Miteigentümerin einer ÖVP-nahen Werbeagentur bestätigte, dass ein ÖVP-Wahlkampf von Hocheggers Valora bezahlt wurde - und damit mutmaßlich von der Telekom.

Die angebliche Kursmanipulation bei der Telekom hatte 2004 ein Optionenprogramm ausgelöst, das 100 Managern satte Boni sicherte. Während jener Woche, als am 26. Februar kurz vor Börseschluss der Kurssprung der Telekom-Aktie die vereinbarte Schwelle von 11,70 Euro passierte, sei er aber in Frankreich gewesen, sagte Nemsic. Auch nach seiner Rückkehr sei der Verdacht auf Kursmanipulation, der zu einer - erfolglosen - Untersuchung der Finanzmarktaufsicht geführt hatte, in den Vorstandssitzungen nicht thematisiert worden.

Die Kursmanipulation war vom Ex-Finanzvorstand der Mobilkom, Gernot Schieszler, der sich der Justiz als Kronzeuge angeboten hatte, in Einvernahmen und gegenüber der Presse geschildert worden. Schieszler hatte gegenüber der Justiz davon gesprochen, dass er nicht wisse, ob Nemsic bei einer Vorstandsbesprechung dabei gewesen sei, als man einen Investor für die geplante Manipulation suchte. Nemsic beteuerte nunmehr, er sei nicht dabei gewesen. Von der Justiz wird der Ex-Generaldirektor in dieser Causa neben anderen Ex-Vorständen und dem Lobbyisten Peter Hochegger allerdings als Beschuldigter geführt.

U-Ausschuss wartet weiter auf die Boni-Liste
"Ich will einen auf diese Art erhaltenen Bonus nicht haben", betonte Nemsic bei der Befragung durch die Abgeordneten. Er habe das Geld auf ein Treuhandkonto gelegt, noch bevor die Telekom alle Manager, die vom Optionenprogramm profitiert hatten, dazu aufgefordert hatte.

Die Liste mit allen 100 Namen stehe dem U-Ausschuss übrigens bisher noch immer nicht zur Verfügung, rügte die Ausschussvorsitzende Gabriela Moser - und das, obwohl ÖIAG-Chef Markus Beyrer dem U-Ausschuss in einem Brief mitgeteilt habe, dass die Telekom die Liste an die Staatsanwaltschaft gegeben habe und sie daher in den Akten sein müsste.

Telekom-Mann Michael Fischer zu ÖVP-Finanzierung befragt
Ebenfalls am Donnerstag trat Michael Fischer, ehemaliger ÖVP-Organisationsreferent und mittlerweile beurlaubter Public-Affairs-Manager der Telekom, vor den U-Ausschuss. Er wurde im Zusammenhang mit möglicher Parteienfinanzierung Richtung ÖVP befragt. Als Beschuldigter entschlug er sich der Aussage zur Frage nach finanziellen Wünschen, die von Parteien an ihn herangetragen worden sein könnten. BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner warf Fischer vor, dass sich Beschuldigte in der Causa Telekom im Rahmen eines Stammtisches absprechen würden - was Fischer zurückwies.

In seinem Eingangsstatement beklagte Fischer, dass er keine Akteneinsicht gehabt habe und er deshalb die detaillierten Vorwürfe nicht kenne. Mit dieser Argumentation entschlug er sich auch der Aussage, als er nach Sponsoring-Wünschen von Parteien gefragt wurde. Fischer war von 1996 bis 1999 für Marketing und Organisation in der ÖVP zuständig, von 2000 bis Mitte 2007 war er Bundesorganisationsreferent der Volkspartei. Sein Arbeitsspektrum bei der Telekom sei relativ weit gewesen, er sei Schnittstelle auch zu allen anderen Parteien und zu Interessensvertretern gewesen. Unter anderem gab Fischer auch an, für strategische Events zuständig gewesen zu sein. Von Vorständen sei öfter der Wunsch nach Veranstaltungen gekommen, bei denen sie bestimmte Leute dabei haben wollten.

Petzner sieht schwarzes Netzwerk
Petzner sprach von einem "Netzwerk" und hielt Fischer vor, am 7. März bei einem Niederösterreicher-Stammtisch in Wien gewesen zu sein. In einem entsprechenden Einladungsschreiben Fischers von 29. Februar 2012 sei etwa auch ÖIAG-Chef Markus Beyrer genannt, der für die Aufklärung der Parteienfinanzierungs- und Korruptionsaffäre in der Telekom zuständig ist. Hier würden sich Personen, die teilweise Beschuldigtenstatus haben, treffen und sich absprechen und abstimmen, meinte Petzner. Gesprächsthema sei gewesen, was man mache, damit nichts passiere.

Sponsor des nächsten Treffens im April solle überdies der Geschäftsführer der BDO Austria sein, empörte sich Petzner. BDO Deutschland ist von der Telekom mit der Aufklärung der Korruptionsvorwürfe beauftragt, laut Petzner ist auch BDO Austria in die Prüfung involviert. Dazu komme, dass laut einem Aktenvermerk der Staatsanwaltschaft Ende Februar BDO entgegen der ursprünglichen Zusage den E-Mail-Bestand (es geht um jene, die teilweise durch das Magazin "News" veröffentlicht worden sind, Anm.) nicht herausgeben könne.

Fischer bestätigte die Existenz des Stammtisches, er finde einmal im Monat statt. Er sei beim letzten nur sehr kurz dortgeblieben. Petzners Vorwürfe wies Fischer zurück: "Die Gespräche, die Sie suggeriert haben, haben dort nicht stattgefunden."

Hocheggers Valora bezahlte offenbar ÖVP-Wahlkampf
Am Abend bestätigte dann noch die Prokuristin und Miteigentümerin der Werbeagentur "The White House", Gabriela Ullmann - seit ihrer Heirat Stimpfl-Abele -, dass die Valora des Lobbyisten Peter Hochegger den von ihrer Agentur durchgeführten Jugendwahlkampf der ÖVP im Jahr 2008 gezahlt habe. Sie habe aber nicht gewusst, dass dafür Telekom-Gelder verwendet wurden, beteuerte sie, sondern sie sei von einem Vertragsverhältnis der Valora mit der ÖVP ausgegangen. White House hatte der Valora eine Rechnung über 96.000 Euro für "Kreativ-Leistungen" und anderes gelegt. Von einer Scheinrechnung wollte Stimpfl-Abele heute trotz mehrfacher Vorhalte von Abgeordneten jedoch nicht sprechen.

Ursprünglich hatte White House der ÖVP 15 Rechnungen über insgesamt rund 62.000 Euro für Leistungen für den Jugendwahlkampf der Bundes-ÖVP gelegt. Dann habe aber "jemand in der Bundes-ÖVP" den Auftrag gegeben, dass eine Gesamt-Rechnung über 96.000 Euro an die Valora zu legen sei. "Ich habe die Rechnung auf Wunsch der ÖVP geändert", sagte sie. Heute wisse sie nicht mehr, wer in der ÖVP ihr diesen Auftrag gegeben habe. Sie habe daraufhin die 62.000 Euro an die ÖVP zurücküberwiesen, die Rechnungen in der Agentur-Buchhaltung durch Gutschriften aufgelöst und der Valora die erhöhte Summe von 96.000 Euro in Rechnung gestellt.

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