StPO-Novelle

Schweigepflicht: Karl “sieht einfach das Problem nicht”

Österreich
08.03.2012 15:32
Trotz anhaltender Proteste hält Justizministerin Beatrix Karl an ihrer Novelle der Strafprozessordnung (StPO) fest. Die Kritik bezeichnete die Ministerin als "Fehlinterpretation und Populismus, wo alles völlig falsch dargestellt wird. Ich sehe das Problem nicht." Experten hatten Karl vorgeworfen, dass sie heimlich die Schweigepflicht zahlreicher Berufsgruppen hätte aushebeln wollen. Die Neuregelung sei deswegen "rechtsstaatlich bedenklich".

Karl wies vehement Kritik daran zurück, dass sie ihren ursprünglichen Gesetzesentwurf nach Ablauf der Begutachtungsfrist geändert habe: "Das passiert immer wieder." Ihr Sektionschef Christian Pilnacek betonte: "Es wurde nichts hineingeschmuggelt, nichts vorbeigeschummelt."

Karl: "Bin nicht Mediatorin der SPÖ"
Darauf angesprochen, dass SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am Mittwoch behauptet hatte, das Gesetzesvorhaben sei koalitionsintern nicht abgestimmt worden, entgegnete Karl: "Ich bin nicht Mediatorin der SPÖ, wenn die sich nicht koordinieren."

Denn der Gesetzesentwurf sei ihrem "Spiegelminister" auf SPÖ-Seite, Verteidigungsminister Norbert Darabos, vorgelegt worden, ehe er im Ministerrat eingebracht wurde. Dieser und auch der Ministerrat hätten zugestimmt, "und man kann dem Ministerrat nicht unterstellen, dass er nicht weiß, was er tut", so Karl. Aus dem Kabinett des Verteidigungsministers war dazu bisher keine Stellungnahme zu bekommen.

Ministerin bemüht sich, Bedenken zu zerstreuen
Inhaltlich bemühten sich Karl und Pilnacek, die Bedenken gegen die beabsichtigte Neuregelung des Paragraph 112 StPO zu zerstreuen. Aus Sicht des Justizministeriums soll diese eine Beschleunigung bei der Abwicklung von Sicherstellungen im Zuge gerichtlicher Hausdurchsuchungen bringen.

"Bei der Hausdurchsuchung ändert sich gar nichts. Da ist schon jetzt der Staatsanwalt dabei", führte die Ministerin aus. Neu sei, dass es danach eine "Erstsichtung" zwischen Staatsanwalt und Betroffenem gibt, so Karl. "Da soll geschaut werden, welches Material verwendet werden darf und welches nicht".

Strafrechtsexperte bangt um Berufsgeheimnis
Genau diese Neuerung hält aber der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs für "rechtsstaatlich bedenklich". Der Experte sieht die "Verschwiegenheitsrechte der Berufsgeheimnisträger nicht hinreichend gewahrt". Derzeit hat das Gericht die Unterlagen zu sichten und diejenigen Teile, die dem Berufsgeheimnis unterliegen, auszuscheiden, erläuterte Fuchs in einer ausführlichen Stellungnahme. Die Sichtung hat der Richter selbst - erforderlichenfalls mithilfe von Sachverständigen - vorzunehmen.

"Die geheimen Teile der Unterlagen gelangen daher, zumindest nach dem Gesetz, überhaupt nicht zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden Staatsanwaltschaft und Polizei", so Fuchs. Nach der geplanten Änderung soll dagegen der Staatsanwalt selbst alle sichergestellten Unterlagen prüfen. "Polizei und Staatsanwalt würden daher beispielsweise Einblick in die internen Aufzeichnungen des Verteidigers erhalten, wenn diese sich unter dem sichergestellten Material befinden", gab Fuchs zu bedenken. Da helfe es nicht viel, dass der Änderungsantrag ein Verwertungsverbot anordnen will.

Der renommierte Strafrechtsexperte forderte deshalb: "Die Trennung muss beibehalten werden". Ein nicht in die Ermittlungen eingebundener Richter müsse demnach die Teile ausscheiden, die vom Geheimnis erfasst sind, und er darf seine Kenntnisse über die geheimen Teile an niemanden weitergeben.

Misstrauensantrag abgelehnt
Auch im Nationalrat sah sich die Ministerin am Donnerstag heftiger Kritik wegen der geplanten Neuregelung ausgesetzt. Einen Misstrauensantrag des BZÖ überstand sie dann aber. Zwar votierte die Opposition am Ende der Sondersitzung des Nationalrats geschlossen für einen Abgang der Ressortchefin, doch machten ihr SPÖ und ÖVP geschlossen die Mauer.

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