Malediven-Putsch
Haftbefehl gegen Ex-Präsident – Familie geflüchtet
Nasheed selbst sagte am Donnerstag gegenüber Medien in der Hauptstadt Male: "Ich hoffe, die internationale Gemeinschaft nimmt Notiz davon, was auf den Malediven passiert." Er hoffe, die internationale Gemeinschaft reagiere rasch, denn "morgen bin ich im Gefängnis".
Angesichts der zunehmenden Gewalt in dem Inselstaat seien die Frau und zwei Töchter Nasheeds nach Colombo gereist, sagten ein Regierungssprecher in Sri Lanka und ein Familienmitglied am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Nasheed war am Dienstag nach einer Meuterei der Polizei zurückgetreten.
Unruhen breiten sich auf weitere Inseln aus
Mittlerweile breiten sich die Unruhen auf weitere Inseln aus. Auf mindestens zwei Inseln im Süden des Archipels kam es bereits am Mittwoch zu Angriffen auf Polizeistationen. Der Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Addu, Abdulla Sodig, sagte, eine Polizeistation sei gestürmt worden, zwei andere würden von Demonstranten belagert. Auf der Insel Thinadhoo griff eine Menge von rund 1.000 Demonstranten sowohl eine Polizeistation als auch ein Justiz- und ein weiteres Regierungsgebäude an.
In der Nacht auf Donnerstag gab es in Addu erneut schwere Ausschreitungen, bei denen zwei Polizeistationen (drittes und viertes Bild), ein Gerichtsgebäude und ein Privathaus angegriffen und in Brand gesetzt wurden. Sodig zufolge waren währenddessen keine Polizisten auf den Straßen unterwegs. Die Armee habe sich zunächst nur auf den Schutz des Gan-Flughafens, eines wichtigen Umsteige-Airports für Touristen, konzentriert. Er sprach von einem kompletten "Zusammenbruch" von Recht und Ordnung.
Von der Hauptstadt Male seien rund 300 Soldaten und bewaffnete Polizisten nach Addu entsandt worden. Diese patrouillierten nun auf den Straßen und hätten bereits Festnahmen angeordnet, sagte Sodig. Er selbst sei in seinem Büro angegriffen worden, wobei ihm das Handgelenk gebrochen worden sei. Die ersten Eindrücke über einen unblutigen Machtwechsel sind damit wohl widerlegt.
Ex-Präsident bei Demonstration in Hauptstadt verletzt
Ex-Präsident Nasheed, der seinen Stellvertreter und Nachfolger Mohamed Waheed für den Umsturz mitverantwortlich machte, wurde bei einer Demonstration in Male verletzt. Mehrere Mitglieder von Nasheeds Demokratischer Partei seien bei den Auseinandersetzungen in der Hauptstadt verletzt worden, sagte Nasheeds Cousine Eva Abdulla. Augenzeugen berichteten, dass die Polizei gegen Demonstranten Tränengas und Schlagstöcke einsetzte.
Christliches Hilfswerk: Verfolgung von Glaubensbrüdern
Das christliche Hilfswerk "Open Doors" wies unterdessen in einer Aussendung darauf hin, dass der zurückgetretene Präsident Nasheed als Reformer galt. Er sei einer teils islamistischen Opposition gewichen. Die Malediven zählten schon seit Jahren zu jenen Ländern, in denen die Christen am stärksten verfolgt werden. Auf dem vom Schweizer Hilfswerk alljährlich erstellten "Weltverfolgungsindex" liegen die Malediven heuer auf Platz 6, hinter Nordkorea, Afghanistan, Saudi-Arabia, Somalia und dem Iran.
So verbietet die Verfassung der Malediven vom Islam abweichende religiöse Ansichten, nicht-muslimische Ausländer dürfen die Staatsbürgerschaft nicht erhalten. Die Einfuhr von Bibeln sei verboten, nur Ausländer dürfen ein Exemplar für den Eigenbedarf besitzen. Die wenigen einheimischen Christen "leben in einem Klima der Angst", heißt es in der Aussendung. Sie dürfen sich nicht zu Gottesdiensten versammeln und auch keine Kirche gründen.
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