Winter-Effekt

Rothirsche drosseln trotz genug Futter ihren Stoffwechsel

Wissenschaft
16.12.2011 13:58
In gemäßigten Klimazonen lebende große Säugetiere reduzieren im Winter ihren Stoffwechsel und damit ihren Energiebedarf deutlich. Sie folgen dabei wie Winterschläfer einem inneren Programm. Der Effekt tritt unabhängig vom Nahrungsangebot auf, wie Wissenschaftler des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien nun am Beispiel der Rothirsche zeigen konnten. Ihre Arbeit wurde in der Fachzeitschrift "Journal of Experimental Biology" veröffentlicht.

Das knappe Nahrungsangebot im Winter überbrücken viele kleinere Säugetierarten im Winterschlaf. Größere Tiere bleiben jedoch - mit der Ausnahme einiger Bärenarten - wach und müssen auch im Winter nach Futter suchen. Um den winterlichen Nahrungsmangel zu verkraften, reduzieren Tiere wie Rothirsche, Steinböcke oder Wildpferde ihre Stoffwechselaktivität. So sinkt besonders in den äußeren Körperteilen und Gliedmaßen die Körpertemperatur deutlich.

Ob diese Reaktionen tatsächlich wie beim Winterschläfer schon vorsorglich in Erwartung des winterlichen Nahrungsengpasses auftreten oder ob sie eine direkte Konsequenz unzureichender Nahrungsaufnahme sind, haben die Wissenschaftler experimentell an Rothirschen im Wildgehege des Instituts untersucht. Ein Miniatursender im Magen von 15 Rothirschkühen lieferte 18 Monate lang Daten über die Herzschlagrate, ein Maß der Stoffwechselintensität, und die Temperatur der Tiere im Körperinneren. Jedes Tier bekam abwechselnd vier Wochen lang bestes Futter so viel es wollte, gefolgt von vier Wochen reduzierter Futtergabe zur Simulation der winterlichen Nahrungsknappheit.

Stoffwechsel-Bremse unabhängig vom Nahrungsangebot
Stand den Tieren weniger Futter zur Verfügung, reduzierte sich zwar die Herzschlagrate, allerdings deutlich geringer im Vergleich zu den gewaltigen jahreszeitlich bedingten Unterschieden. Schlug das Herz der Tiere im Mai noch 65 bis 70 mal pro Minute, fiel ihre Pulsfrequenz im Winter bis auf 40 Schläge pro Minute. Die Zahl der Herzschläge ging genau zu der Zeit zurück, zu der Futter in freier Wildbahn zur Mangelware wird, und stieg im Frühling wieder deutlich an, unabhängig vom Nahrungsangebot. "Wie Winterschläfer folgen die Tiere einem inneren Programm", erklärte Studienautor Christopher Turbill in einer Aussendung der Veterinärmedizinischen Universität.

Auch die Körpertemperatur veränderte sich bei Nahrungsmangel nur im Zehntelgradbereich. Die Wissenschaftler erklären das mit der Körpergröße der Tiere und dem Einsatz eines weiteren Mechanismus des Energiesparens, den der Leiter des Instituts, Walter Arnold, schon früher nachgewiesen hat. Die Forscher konnten damals zeigen, dass Rothirsche vor allem in kalten Winternächten die äußeren Körperteile und Gliedmaße stark abkühlen lassen. Die kalte Körperschale wirkt als zusätzliche Isolationsschicht, um das Körperinnere vor Wärmeverlusten zu schützen.

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