ÖBB-Chef Kern:

“Preiserhöhungen wegen Westbahn wären ein Desaster”

Österreich
04.12.2011 11:11
Der Chef der ÖBB, Christian Kern, sieht den am 11. Dezember beginnenden Wettbewerb mit der mehrheitlich privaten Westbahn sportlich. Er betrachte die Klagen von Westbahn-Investor Hans-Peter Haselsteiner über die zu niedrigen Preise der ÖBB eigentlich als Kompliment. Ernst wird er allerdings bei der Vorstellung, dass sich Haselsteiner mit seinen angedrohten Wettbewerbsklagen gegen die ÖBB-Preispolitik tatsächlich durchsetzt: "Wenn wir tatsächlich gezwungen wären, unser Preisniveau anzuheben, das wäre ein Desaster."

Sollte die Westbahn eine Anhebung des Preisniveaus für Bahntickets in Österreich erreichen, "dann wäre der einzige Nutznießer die Kanzlei Böhmdorfer, die die Westbahn vertritt", meinte Kern sarkastisch.

Haselsteiner sieht die Westbahn durch die niedrigen Ticketpreise bei den ÖBB im Wettbewerb benachteiligt, das im Vergleich mit Deutschland und der Schweiz niedrige Bahnpreisniveau in Österreich sei eine Folge von Subventionen. Daher hat er eine Wettbewerbsklage angekündigt. Die ÖBB halten dem entgegen, dass sie auf der Strecke Wien - Salzburg, der einzigen Westbahnstrecke derzeit, keine Subventionen erhalten. Eine Querfinanzierung von anderen Strecken gebe es nicht, die gemeinwirtschaftlichen Leistungen müssten genau abgerechnet werden.

Umgekehrt wirft Kern der Westbahn vor, sie würde ja selber vom Steuerzahler unterstützt: "Der Steuerzahler subventioniert die Westbahn gleich doppelt." Einerseits, indem sie nur ein nicht kostendeckendes Infrastrukturentgelt für die Streckenbenützung zahlen müsse, und weiters, indem sie nun - nach einer Einstweiligen Verfügung des Kartellgerichts - im ÖBB-Kursbuch und im ÖBB-Fahrplaninformationssystem Scotty aufgenommen werden müsse. Die ÖBB haben dies entwickelt und wollen gegen die Entscheidung den Rechtsweg beschreiten.

"ÖBB für Wettbewerb gerüstet"
Für den Wettbewerb um den Kunden selbst sehen sich die ÖBB gut gerüstet, so Kern: Die Züge seien den Kundenwünschen entsprechend umgestaltet worden. Im RailJet gebe es nun Speisewägen statt Bistros. Die Call Center seien aufgestockt worden, die Mitarbeiter besser geschult, in den Zügen werde schrittweise WLAN angeboten. Die ÖBB hätten ein anderes Angebot als die Westbahn und richteten sich mit der "Premium", der "First" und der "Economy Class" im RailJet an verschiedene Zielgruppen. Bei der Westbahn sei das Angebot in den Waggons hingegen für alle gleich.

Die 15-Euro-Ticket-Aktion auf der gesamten Westbahnstrecke, die zur Eröffnung des Westbahnhofs angeboten wurden (siehe Infobox), wird nun aufgestockt: Das Ticketkontingent von 25.000 wurde wegen der hohen Nachfrage um 15.000 aufgestockt, die Aktion läuft bis Ende Jänner. Die Billigtickets sind allerdings an die Fahrzeit gekoppelt: Nur zu wenig ausgelasteten Zeiten können die Angebote genutzt werden.

Trotz harter Konkurrenz gibt es auch eine Partnerschaft
Neben Konkurrenz im Bahnbetrieb gibt es aber auch weiterhin Partnerschaft: Westbahn-Investor Haselsteiner ist für die ÖBB in seinem bisherigen "Kerngeschäft" als Bauunternehmer mit seiner Strabag Partner im Tunnelbau. Seine Firma habe den bisher größten ÖBB-Bauauftrag erhalten, nämlich das Baulos 2 im Koralm-Tunnel, der die Südbahnstrecke beschleunigen soll. "Wir können das beide professionell auseinanderhalten", versichert Kern.

"Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass"
Zu den von ÖVP-Seite geforderten Kürzungen bei Infrastrukturprojekten ist Kern skeptisch. "Wir halten unsere Verpflichtungen ein. Das Problem ist ein politischer Zickzackkurs." Während einerseits in den Ländern die Politiker quer über Parteigrenzen hinweg mit Nachdruck Infrastrukturprojekte wie die großen Bahntunnels einfordern, komme andererseits immer wieder Kritik an den Kosten aus der Politik. Man solle ihm daher konkret sagen, wo die Bahn kürzen solle, aber nicht nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass".

"Die ÖBB sollten kein ideologisches Schlachtfeld sein", appelliert Kern. Wer konkrete Einsparungen bei Bahn-Infrastrukturprojekten fordere, solle diese dann auch selber den betroffenen Landeshauptleuten erklären.

Die Bahn-Infrastrukturprojekte hätten auch eine konjunkturpolitische Komponente, die Schere würde weniger die ÖBB als die Bau-, Technologie- und Stahlunternehmen direkt treffen, gibt er zu bedenken. Die Bahn selber halte ihre Verpflichtungen ein, wenn die Bundesregierung einsparen wolle, müsse sie konkrete Vorgaben machen, wo eingespart werden sollte. Einröhrige Tunnelbauten seien aber schon aus Sicherheitsgründen keine Option.

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