Folter und Mord

Argentinien: Junta-“Todesengel” fasst lebenslang aus

Ausland
27.10.2011 11:24
Als "Todesengel" wurde der argentinische Marineoffizier Alfredo Astiz (Bild) einst berüchtigt. 28 Jahre nach Ende der Militärdiktatur in dem südamerikanischen Land wurden er und elf andere Ex-Offiziere nun am Mittwoch wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in der ehemaligen Marine-Schule ESMA zu lebenslanger Haft verurteilt. Vier weitere Ex-Offiziere erhielten Freiheitsstrafen zwischen 18 und 25 Jahren.

In dem vor zwei Jahren begonnenen Prozess ging es um 86 Fälle von Entführungen, Folter und Morden an Gegnern der von 1976 bis 1983 dauernden Militärdiktatur. Der ranghöchste Militär unter den Verurteilten ist der frühere Außenminister der Militärjunta und ehemalige Vizeadmiral Oscar Montes, der ebenfalls eine lebenslange Haft absitzen muss. Nur zwei der 18 Angeklagten wurden freigesprochen. Sie bleiben aber in Haft, weil sie sich in weiteren Prozessen vor Gericht verantworten müssen. Unter den 160 Zeugen befanden sich 79 Überlebende der Folterkammern der Marine.

Auch zwei französische Nonnen unter den Opfern
Besonders bekannt ist der Fall zweier getöteter französischer Nonnen. Alice Domon und Leonie Duquet waren im Dezember 1977 verschleppt worden. Mit ihnen wurden zehn weitere Aktivistinnen entführt, darunter die Gründerin der Mütter der Plaza de Mayo, einer Organisation von Frauen, deren Angehörige während der Diktatur verschwanden. Es wird angenommen, dass Duquet und vier Argentinierinnen, wie Tausende andere Opfer der Diktatur, lebend aus einem Flugzeug ins Meer geworfen wurden.

"Mörder, Mörder!", riefen Angehörige von Opfern nach der Urteilsverlesung. Nach 34 Jahren könnten die Familien endlich trauern, sagte ein Anwalt der Verwandten der 1977 entführten Nonnen. Eine Nichte von Leonie Duquet begrüßte das Urteil am Ende des zweijährigen Prozesses. Die Justiz sei "Basis der Demokratie", sagte Genevieve Jeaningros. "Alle, die ihr Leben gegeben haben, haben das nicht umsonst getan." Unterstützer der Angeklagten wiederum sangen im Gerichtssaal die argentinische Nationalhymne.

"Todesengel" auch in Frankreich und Italien verurteilt
In Frankreich war der heute 59-jährige "Todesengel" Alfredo Astiz bereits 1990 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden, in Italien im Jahr 2007. Ein argentinisches Gericht hatte Astiz bereits nach dem Ende der Militärherrschaft für schuldig befunden, Morde, Folter und Entführungen begangen zu haben. Ende der 1980er-Jahre jedoch wurden unter dem peronistischen Präsidenten Carlos Menem Amnestiegesetze erlassen, von denen Astiz profitierte. Der Oberste Gerichtshof des Landes erklärte den Gnadenerlass später aber für nichtig.

30.000 Menschen gefoltert, ermordet, verschwunden
Zur Zeit der Militärdiktatur war Astiz in der Marineingenieursschule ESMA in Buenos Aires tätig - einem der Folterzentren der Junta, das als Symbol für die Gewalt in die Geschichte einging. Dort sollen rund 5.000 Menschen misshandelt worden sein. Insgesamt wurden während der argentinischen Militärdiktatur nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen bis zu 30.000 Menschen gefoltert, ermordet oder verschwanden spurlos. Die ehemalige Marine-Schule ist heute Museum und Gedenkstätte.

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