Tat ohne Motiv

Mord an Nachbar in Wien-Hietzing: 20 Jahre Haft

Wien
12.09.2011 16:28
Wegen Mordes an seinem 48-jährigen Nachbarn ist am Montagnachmittag am Wiener Landesgericht ein 29-Jähriger zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Der Arbeitslose hatte in der Nacht auf den 18. Februar in der Waldvogelstraße in Wien-Hietzing seinen Kontrahenten mit zehn Messerstichen getötet. Er war zum Tatzeitpunkt stark alkoholisiert, ein konkretes Motiv gab es nicht. Der Psychiater attestierte dem Verurteilten zwar eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, er sei jedoch zurechnungsfähig gewesen. Der Mann erbat sich Bedenkzeit, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Stefan S., der die Tat an sich nicht leugnete, behauptete stets, in Notwehr gehandelt zu haben, weil ihn der 48-Jährige sexuell belästigt habe: "Ich wollte mich nur schützen, ich hab' Angst gehabt." Deshalb habe er auch ein 20 Zentimeter langes Küchenmesser dabei gehabt, als er seinen Nachbarn und Freund gegen 1 Uhr aufsuchte. Die Situation "sei ungut gewesen", gab S. an, das Messer habe er ausschließlich zu Verteidigungszwecken mitgenommen. Das Opfer sei im Halbdunkel mit erhobenen Händen auf ihn zugekommen und habe ihn unsittlich berührt, worauf der damals 28-Jährige zugestochen habe.

"Notarzt hätte nichts mehr tun können"
Laut Gerichtsmediziner war die Leiche jedenfalls danach derart zugerichtet, dass "selbst ein Notarzt nichts mehr hätte tun können". Die Verletzungen sowie der daraus resultierende Blutverlust seien zu schwerwiegend gewesen - Lunge, Herz und Hauptschlagader seien von den Messerstichen erheblich beschädigt worden.

Zu den angeblich homosexuell motivierten Übergriffen durch den 48-Jährigen, die schlussendlich zur Bluttat geführt haben sollen, äußerten sich der Bruder des Opfers sowie die Lebensgefährtin verwundert: "Es war schon ein bisserl eine eigenartige Freundschaft, vor allem materiell. Auf das habe ich meinen Freund auch öfters hingewiesen. Aber das hat ihn nicht gestört. Homosexuelle Übergriffe sind aber völlig ausgeschlossen, dazu wäre er viel zu ruhig und zurückhaltend gewesen", so die 47-jährige Frau.

Andere Nachbarn stellen kein gutes Zeugnis aus
Kein gutes Zeugnis stellten die übrigen Mieter dem 29-jährigen S. aus. In nüchternem Zustand sei er zwar ein "eloquenter Mensch" gewesen, der "gut rüberkommt", doch da er dies am Ende immer seltener gewesen sei, hätten viele sein Benehmen als "immer unerträglicher" empfunden. "Ständig war die Polizei da, auch mitten in der Nacht", sagte ein Nachbar im Zeugenstand.

Nach Angaben des Psychiaters leidet S. unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, eine klassische Alkoholsucht habe allerdings nicht bestanden, auch habe der Angeklagte keine Erinnerungslücken, weshalb er bei der Tat zurechnungsfähig gewesen sei. Eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher erachte er deshalb als nicht notwendig. Dem Argument des Verteidigers, S. sei kein Mörder, weil es kein Motiv gegeben habe, konterte der Psychiater: "Menschen bringen einander um, das ist schlimm, aber noch kein Hinweis auf eine Krankheit."

Geschworene halten sich an Staatsanwalt
"Ich war in Panik, und es hat mir, ehrlich gesagt, auch gegraust", rechtfertigte sich S. am Ende des Prozesses. Seine Freundin, von der er sich die spätere Tatwaffe, das Küchenmesser, ausborgte, erschien nicht im Zeugenstand. Dem Schlussplädoyer des Staatsanwalts, dass es sich um Mord gehandelt habe, schlossen sich die Geschworenen schlussendlich an.

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