"Ein saisonal gehäuftes Auftreten von Suiziden ist in epidemiologischen Studien bereits gut beschrieben worden. Seine Ursachen wurden bisher aber nicht gut verstanden", schrieben Benjamin Vyssoki und die Co-Autoren in der Fachzeitschrift "Comprehensive Psychiatry".
Über 16.000 Selbstmorde analysiert
Um ihre Hypothese, dass die Häufigkeit von Suiziden etwas mit der Sonnenlicht-Einstrahlung über die Jahreszeiten hinweg zu tun hat, zu belegen, analysierten die Wissenschaftler deshalb die Zahl der Todesfälle durch Selbstmord nach Monaten in den Jahren 1996 bis 2006. Anschließend verglichen sie diese Zahlen mit den Daten der Wetterexperten von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Insgesamt wurden im analysierten Zeitraum 16.673 Suizide registriert und dabei ein klares saisonales Muster beobachtet - mit den höchsten Selbstmordraten zwischen März und Mai und den niedrigsten zwischen November und Jänner."
Die Zahl der Sonnenstunden hat offenbar einen verzögerten und sich statistisch signifikant nur auf die Selbstmorde mit gewaltsamen Mitteln auswirkenden Effekt. Liegt die Zahl der im Jänner in Österreich erfolgenden Suizide bei um die 80, schnellt sie im Februar steil nach oben, um im März bei etwas über 100 Fällen anzukommen. Auf diesem hohen Niveau bleibt sie bis zum Mai, sinkt dann im Juni und im Juli etwas ab, um dann im August einen zweiten Gipfel (wieder mehr als 100 Suizide) zu erreichen. Dann reduziert sich ihre Zahl drastisch bis zum Winter.
Suizid-Rate von Serotonin-Spiegel abhängig
Die Daten belegen laut den Autoren, dass die Selbstmordraten offenbar etwas mit dem Serotonin-Haushalt im Gehirn zu tun haben, der durch die Lichteinstrahlung über die Augen beeinflusst wird. "Interessant ist dabei, dass dies (Zunahme der Häufigkeit von Suiziden, Anm.) nicht gleich am Anfang der niedrigen Sonnenscheinstunden, das heißt im November, auftritt, sondern eher zu einem späteren Zeitpunkt, das heißt, 'wenn die Batterie bereits verbraucht ist'", weiß Siegfried Kasper, Chef der Klinischen Abteilung für Biologische Psychiatrie.
Dem Serotonin-Haushalt sind die Forscher der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien nicht nur mittels epidemiologischer Studien auf der Spur. Sie tun das auch mit bildgebenden Verfahren - zum Beispiel der Positronen-Emissions-Tomografie -, mit denen zum Beispiel die Dichte von Serotonon-Rezeptoren etc. sichtbar gemacht werden kann.
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