Nach Justizpanne

Entkommener Häftling: “Er hat bewusst getäuscht”

Österreich
07.09.2011 12:53
In der Affäre um einen Ende Juni aus der Justizanstalt Wien-Josefstadt entkommenen Häftling, der sich am Dienstag mit seinem Anwalt gestellt hat, hat die Strafvollzugsdirektion am Mittwoch klargestellt, dass Nikola B. sich "bewusst als jemand anderes ausgegeben und so die diensthabenden Beamten getäuscht" habe. Dass der 31-Jährige tatsächlich freigekommen ist, nannte die Behörde eine "Verkettung missverständlicher Umstände".

Nikola B. hatte in einem Interview behauptet, der Beamte habe "wohl aus Versehen meinen Namen aufgerufen". "Ich dachte, ich werde in ein anderes Gefängnis verlegt. Aber plötzlich stand ich allein auf der Straße", wurde der 31-Jährige zitiert.

Dem widerspricht die Strafvollzugsdirektion am Mittwoch: Der 31-Jährige sei nicht "namentlich zur Entlassung aufgerufen" worden. "Vielmehr hat sich der Insasse bewusst als jemand anderes ausgegeben und so die diensthabenden Beamten getäuscht", erklärte die Vollzugsdirektion.

Nikola B. habe "während des komplexen Entlassungsvorganges in mehreren Etappen falsche Angaben gemacht und sogar die ihm aufgrund der Verwechslung ausgefolgten persönlichen Gegenstände des rechtmäßig zu Entlassenden angenommen - deren Übernahme wurde durch N.B. (Nikola B., Anm.) mit seiner Unterschrift bestätigt".

"Reklamierte fehlende persönliche Gegenstände nicht"
Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Häftling also gewusst, dass er offensichtlich von den Beamten verwechselt worden war. "Dennoch reklamierte er bei der Übernahme nicht, dass seine persönlichen Gegenstände, die in Anzahl und Wert die ihm fälschlicher Weise ausgefolgten deutlich überschritten, fehlen", so die Darstellung der Vollzugsdirektion.

Nikola B. stehe nun ein vollzugsinternes Ordnungsstrafverfahren bevor, in dessen Rahmen er unter anderem zu einer Geldstrafe verurteilt werden könne, so die Vollzugsdirektion. Die Entscheidung darüber treffe die zuständige Anstaltsleitung, "da eine Flucht aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen kein gerichtlich strafbarer Tatbestand ist".

"Entlassungsvorgang wird neu strukturiert"
Die Direktion erklärte, dass der "Entlassungsvorgang in der Justizanstalt Wien-Josefstadt zwischenzeitlich organisatorisch neu strukturiert" werde. Zusätzlich werde ein biometrischer Kontrollvorgang in Form eines Fingerprint-Scans eingeführt, "sodass weitere derartige Vorfälle ausgeschlossen werden können".

Täuschungsmanöver begann in der Zelle

Entlassungen aus Justizanstalten laufen üblicherweise so ab, dass Häftlinge in der Früh zunächst von einem Wachebeamten in ihrem Haftraum aufgesucht und abgeholt werden. Dieser Beamte "sammelt" alle Insassen ein, für die sich an diesem Tag die Gefängnistore öffnen. Er übergibt diese Gruppe dann an Kollegen, die die formelle Entlassung durchführen, indem sie unter anderem die Papiere überprüfen und mit den bei der Aufnahme erfassten Daten abgleichen. Im konkreten Fall dürfte es bereits in der Zelle zu einem Täuschungsmanöver gekommen sein. Zusätzlich hatte B. offenbar auch noch eine gehörige Portion Glück.

Der 31-Jährige dürfte sich dem Wachebeamten gegenüber, der ihn offensichtlich nicht kannte - insofern wenig erstaunlich, als in der Justizanstalt Wien-Josefstadt jährlich 7.000 Häftlinge "einsitzen", die Abteilung, auf der sich Nikola B. befand, eine besonders hohe Fluktuation aufweist und der Beamte üblicherweise auf einer anderen Abteilung Dienst versieht -, fälschlicherweise als sein Zellenkumpan ausgegeben haben. Der Beamte schöpfte jedenfalls keinen Verdacht, als er den falschen Häftling aus der Zelle brachte.

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