Männer nicht besser

Studie belegt: Räumliches Denken ist Erziehungssache

Wissenschaft
02.09.2011 14:12
Dass Männer häufig besser räumlich denken können als Frauen, verdanken sie möglicherweise doch stärker ihrer Erziehung als ihren Genen. Darauf deutet jetzt eine Studie US-amerikanischer Forscher hin. Sie hatten das räumliche Vorstellungsvermögen bei knapp 1.300 Frauen und Männern zweier eng verwandter indischer Stämme miteinander verglichen. Der entscheidende Unterschied dabei: In einem Stamm herrscht ein Patriarchat, im anderen haben die Frauen das Sagen.

"In der männerdominierten Kultur benötigten die Männer 36,4 Prozent weniger Zeit für den Test als die Frauen", berichten die Forscher im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Science". In der matriarchalen Gesellschaft schnitten dagegen beide Geschlechter ungefähr gleich gut ab. "Diese Ergebnisse zeigen, dass die Umwelt eine wichtige Rolle für die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim räumlichen Denken spielt", schreiben die Wissenschaftler um Moshe Hoffman von der University of California in San Diego.

Ein entscheidender Faktor sei dabei möglicherweise die Bildung, konstatieren die Forscher. "Unsere Daten zeigen, dass Männer und Frauen im matriarchalen Stamm gleich lang ausgebildet wurden", berichten sie. Im patriarchalen Stamm wurden die Männer dagegen im Durchschnitt 3,67 Jahre länger ausgebildet als die Frauen. Je besser die Bildung einer Versuchsperson in beiden Stämmen gewesen sei, desto besser habe sie auch bei den Einzeltests abgeschnitten, schreiben Hoffman und seine Kollegen. Ein Jahr mehr an Bildung habe die benötigte Lösungszeit um 4,3 Prozent verringert.

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass gleiche Bildungschancen in dieser Frage einen wichtigen Unterschied bedeuten könnten", schreiben die Forscher. Das sei zwar nicht der einzige Faktor, die Studie belege aber, dass die Umwelt generell eine Rolle für Unterschiede zwischen Männern und Frauen spiele.

Benachbarte Stämme - unterschiedliche Kultur
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler 1.279 Angehörige zweier Volksstämme in Nordindien, den Khasi und den Karbi, getestet. Beide Gruppen leben primär vom Reisanbau und sind genetisch eng miteinander verwandt, wie eine Genanalyse zeigte.

Kulturell gibt es jedoch zahlreiche Unterschiede: Bei den Karbi sind Besitz und Macht in der Hand der Männer. Jeweils der älteste Sohn erbt das Land der Eltern, Frauen leben in den Häusern ihrer Männer, besitzen selbst aber kaum etwas. Bei der von Frauen geprägten Kultur der Khasi erbt dagegen jeweils die jüngste Tochter einer Familie den Besitz. "Männliches Eigentum ist in diesen Dörfern streng verboten", berichten die Forscher.

Vierteiliges Pferdepuzzle als Test
Sie testeten das räumliche Vorstellungsvermögen der Freiwilligen mit einem Puzzle: Das Bild eines Pferdes war in vier Stücke zerteilt worden und sollte so schnell wie möglich wieder zur vollständigen Figur zusammengesetzt werden. Als Anreiz stellten die Wissenschaftler denjenigen eine Belohnung von 20 Rupien in Aussicht, die dieses Puzzle in weniger als 30 Sekunden lösen konnten.

Bei den männlich geprägten Karbi lösten die Männer das Puzzle im Durchschnitt in 42,3 Sekunden, die Frauen in 57,2. Bei den Khasi lösten beide Geschlechter das Puzzle etwa gleich schnell: Männer benötigten 32,1, Frauen 35,4 Sekunden. Damit hätten die Männer in der patriarchalen Gesellschaft der Karbi nicht besser abgeschnitten als die Frauen bei den Khasi, konstatieren die Forscher.

Machtverhältnisse innerhalb der Familie wichtig
Neben der Bildung, deren Einfluss die Wissenschaftler mit ungefähr einem Drittel beziffern, könnten auch die Besitz- und Machtverhältnisse innerhalb der Familien eine Rolle spielen, vermuten die Forscher. Das habe sich bei Vergleichen innerhalb der Karbi gezeigt. Dort sei der Abstand zwischen den Ergebnissen der Männer und Frauen geringer gewesen, wenn diese aus Familien stammten, in denen auch Frauen Anteil am Familieneigentum besaßen.

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