Autos und Papphüte

So lebte es sich in der Residenz des Gadafi-Clans

Ausland
26.08.2011 13:48
Ein meterlanger Teppich in Pastell-Rosa, Ikea-Töpfe, ein Kinderfahrrad und ein Einkaufswagen voller Plüschtiere: Die libyschen Rebellen tragen derzeit die Beute ihres Lebens aus den Villen der Familie von Machthaber Muammar al-Gadafi. Es sind junge Männer in T-Shirts, die nun die privaten Besitztümer der Gadafi-Sippe in ihren Händen halten. Die Auflösung des Regimes wird mit einem regelrechten Flohmarkt gefeiert.

Die Aufständischen hatten vor wenigen Tagen bei ihrem Sturm auf Tripolis mehrere private Anwesen der Gadafis am Areal Bab al-Aziziyah im Herzen der Hauptstadt erobert. Auf den aktuellen Bildern offenbart sich die Banalität des Alltagslebens der Diktatorenfamilie.

Ein Hometrainer ist da zu sehen, stapelweise mit Bildern beklebte Familienalben sowie ein gelbes Schlauchboot, das einsam in einem riesigen Pool einer verlassenen Schwimmhalle in der Residenz von Gadafis Tochter Aisha treibt. Selbst im libyschen Wüstenklima konnte man in Aishas Residenz die Vorzüge einer Sauna genießen. Auf den Fotos lässt sich ihr eklektischer Geschmack bestaunen: unter anderem eine Liege in Form einer vergoldeten Meerjungfrau, die den Eingangsbereich ihrer Residenz schmückt.

Papphüte und Luftschlangen
In dem Haus lagen Spielzeug, Papphüte und Luftschlangen auf dem Boden, so als ob die Rebellen mit ihrer Eroberung der Hauptstadt eine ausschweifende Kindergeburtstagsparty unterbrochen hätten. Das Leben der Kinder dürfte von materiellen Sorgen recht abgeschirmt gewesen sein: Selbst nach den ersten Plünderungen fanden Reporter in der Villa noch hochwertige Bohemia-Kristallgläser und eine braune Lederjacke für Kinder von Dolce & Gabbana.

Auch Gadafi-Sohn Saadi hat vor dem Fall von Tripolis wohl ein ausschweifendes Leben gehabt. Vier Autos soll der 38-Jährige, der sich mehrere Jahre lang als Fußballprofi in Italien verdingte, besessen haben: einen BMW, einen Audi, einen weißen Lamborghini und einen Toyota. Davon ist nun nur noch ein überdimensionales Gemälde des Lamborghinis auf der Rückwand des überdachten Parkplatzes übrig.

Jachten-Katalog und Schwulenporno
In einem Büroraum fanden Reporter Indizien für einen kostspieligen Spleen des Gadafi-Sohnes: ein Katalog des italienischen Jachten-Herstellers Benetti, auf dem handgeschrieben auf einem Post-it der Kaufpreis von sieben Millionen Euro vermerkt war. Als die ausländischen Journalisten die Unterlagen durchforsteten, fiel eine DVD mit einem Schwulenporno aus einem Dokumentenstapel heraus, heißt es in der "Washington Post".

Am Boden waren Visitenkarten Saadis verstreut, die ihn als Teilhaber einer Filmproduktionsfirma in Los Angeles ausweisen, die den Namen "Natural Selection" trägt. Saadi al-Gadafi wurde Medienberichten zufolge vor einigen Tagen festgenommen und wird nun von den Rebellen an einem unbekannten Ort festgehalten. Auch die vier Kettenhunde von Saadi konnten seinen Besitz nicht schützen, sie sind von seinem Anwesen verschwunden.

Flasche Gin, goldene Zahnbürste und Diesel-Jeans
Kämpfer der Rebellen erfreuen sich nun am Besitz der Gadafis. "Wir wollten das Zeug haben, das er hat", sagt Seifallah Gneidi, ein 23-jähriger Rebell aus Tripolis. Er habe sich genommen, was ihm gefiel: eine große Flasche Gin, eine Zahnbürste mit goldenem Griff sowie ein Paar Diesel-Jeans.

Bereits am Dienstag, als das Areal der Gadafis erstürmt wurde, hatten sich die Rebellen vor den Augen der Weltöffentlichkeit ungeniert bedient. Eine goldene Büste des Machthabers wurde vor laufenden Kameras in Stücke gerissen. Als demütigender für den Autokraten kann freilich ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters gelten, demzufolge ein juveniler Rebell an dem sonnigen Tag einfach in das Schlafzimmer Gadafis spazierte, so als befände er sich in seinem eigenen Haus, und danach die Kommandanten-Kappe des einst so mächtigen Revolutionsführers trug.

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