"Krone"-Sommer-Talk

Eva Glawischnig: “Nicht die Flinte ins Korn werfen!”

Österreich
18.08.2011 17:29
Krisen, Katastrophen und wenig Aufwind für die Grünen: Eva Glawischnig erklärt im "Krone"-Sommergespräch, welche Themen für ihre Partei in nächster Zukunft am wichtigsten sind. Die Parteichefin ist jedenfalls zuversichtlich, dass ihre Bewegung nach den Wahlen 2013 in der Regierung vertreten ist.

"Krone": Frau Glawischnig, 2011 war bislang vorwiegend ein Jahr der Katastrophen und Krisen. Was hat Sie am meisten berührt?
Eva Glawischnig: Das war natürlich die Atomkatastrophe von Fukushima. Man hat nach Tschernobyl immer erklärt, dass so etwas nicht mehr geschehen kann. Und nun hat sich die Geschichte nach 25 Jahren noch einmal wiederholt, inklusive Informationssperre und Belügen der Bevölkerung. Das hat mich getroffen. Als Mutter bin ich aber auch aufgewühlt von den Bildern der verhungernden Kinder in Ostafrika. Vor dem Hintergrund der langen Warnungen der Hilfsorganisationen ist das einfach unerträglich.

"Krone": Ergeben sich daraus Konsequenzen für Ihre Politik und Ihren Führungsstil?
Glawischnig: Die Anti-Atompolitik war und ist eines meiner Kernfelder. Aus der Katastrophe von Fukushima hat sich auch etwas Positives entwickelt: Die Deutschen und die Italiener lehnen die Kernkraft nun auf einer breiten Basis ab – das verändert die ganze Mehrheitslage zu diesem Thema in der Europäischen Union. Mittelfristig ist nun ein gesamteuropäischer Ausstieg aus der Atomenergie möglich.

"Krone": Finden Sie mit Ihren Anliegen auch beim Energie-Kommissar der EU, Günther Öttinger, Gehör?
Glawischnig (lacht): Unsere Begegnung vor wenigen Wochen ist uns beiden wohl kaum in guter Erinnerung geblieben! Er hat sich ungemein arrogant und abgehoben über unsere Sorgen geäußert, dass Österreich als kleines Land an der Grenze von Atomkraftwerken umzingelt ist und die Zwei-Millionen-Stadt Wien im Ernstfall unmittelbar vom Supergau betroffen wäre. Seine Antwort lautete lapidar: "Die Franzosen beschweren sich darüber, dass ich zu sehr gegen die Atomkraft bin, die Österreicher, dass ich zu sehr dafür bin. Also liege ich in der Mitte und damit richtig."

"Krone": Wie wollen Sie etwas für Österreich umsetzen, wenn Sie weder in der Regierung sitzen noch in der EU mächtige Verbündete haben?
Glawischnig: Man darf die Flinte nicht ins Korn werfen. Die Grünen vertreten international die gleichen ökologischen Anliegen und damit sind wir eine Stimme, die gehört werden muss. Außerdem wählt Deutschland wie Österreich im Jahre 2013, und es besteht begründete Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung.

"Krone": Die Grünen wollen endlich in die Bundesregierung?
Glawischnig: Die Menschen erwarten sich zu Recht, dass wir uns auch durchsetzen und Themen umsetzen können.

"Krone": Helfen die Regierungsbeteiligungen der Grünen in Wien und in Oberösterreich bei den Umfragen?
Glawischnig: Die Menschen sehen, dass wir anständig arbeiten und unsere Ideale nicht verraten, auch wenn man Kompromisse eingehen muss. Angesichts der Finanzkrise wird in allen Budgets gespart werden, das macht die Sache nicht leichter.

"Krone": Was ist die grüne Ansage zur Finanzkrise? Vertrauen Sie tatsächlich einer europäischen Wirtschaftsregierung?
Glawischnig: Wir müssen der Finanzmafia das Handwerk legen. Natürlich haben wir ganz andere Vorstellungen als Angela Merkel und Nicolas Sarkozy. Politik darf nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern muss vom europäischen Parlament getragen werden. Daher brauchen wir mehr Transparenz und mehr direkt demokratische Instrumente.

"Krone": Wie wollen Sie die "Finanzmafia" besiegen?
Glawischnig: Die Finanzmärkte sind derart gewalttätig und brutal, dass sie ein Land an den Rand des Abgrundes spekulieren können. Gemeinsame europäische Anleihen sind daher eine wirklich sinnvolle Sache.

"Krone": Welches Modell der in der EU umstrittenen Euro-Bonds würden Sie befürworten?
Glawischnig: Ich finde den Grundgedanken wichtig: Nur gemeinsam hat man gegen die Hyänen der Finanzwirtschaft eine Chance. Die Ursachen müssen bekämpft werden, statt von einem Krisengipfel zum anderen zu reisen. Die Regierungen sehen dabei sehr alt aus, und nicht alle wollen etwas Gutes.

"Krone": Wenn sogar Sie das Vertrauen in die Regierungspolitiker verlieren, was soll sich dann die "normale" Bevölkerung denken?
Glawischnig: Ein Großteil der Bevölkerung hat Angst, und das zu Recht. Je mehr man in das Finanzsystem hineinsieht, umso bedrohlicher ist es. Europa steht an der Kippe. Zudem wird bereits seit einigen Jahren verstärkt auf Lebensmittel spekuliert, und das wird uns die nächste fundamentale Krise bringen.

"Krone": Sie sehen sich als Kämpferin gegen die Gier?
Glawischnig: Die Finanzhaie und die Ausbeutung der Natur stehen einfach vielfach in einem Zusammenhang. Mein Anliegen und mein Antrieb ist es, dass wir nur diesen einen Planeten haben und ihn vor der Brutalität dieser Interessengruppen schützen müssen.

"Krone": Kann man dies aber mit Aktionen wie "mehr Fahrräder für Wien" machen?
Glawischnig: Wir haben international im Umweltbereich einige Erfolge zu verbuchen. Weltweit wurde beispielsweise Treibgas verboten. Auch die grüne Energiewende wird durch die drängende Klimakrise befördert. Uns sind aber auch Bereiche wie die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen ein Anliegen. Daher unterstützen wir im Herbst mit voller Kraft das von Hannes Androsch initiierte Bildungsvolksbegehren.

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