Buwog-Causa

Staatsanwalt hörte Karl-Heinz Grasser monatelang ab

Österreich
18.08.2011 16:07
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist laut einem Medienbericht monatelang von der Justiz abgehört worden. Demnach fand der Lauschangriff im Vorfeld seiner ersten Einvernahmen im Herbst 2010 statt. Angeblich führte Grasser allein von acht verschiedenen Handynummern aus Gespräche, die Überwachung erforderte immensen technischen Aufwand. Auch Internet-Telefonate und E-Mails des Ex-Finanzministers werteten die Fahnder aus.

Die Observation wurde laut dem Magazin "Format" von Juli bis Oktober 2010 durchgeführt. "Die Überwachung ist als begleitende Maßnahme erforderlich, um konspirative Absprachen der Beschuldigten angesichts der Ermittlungsschritte aufzudecken und daraus neue Erkenntnisse in Bezug auf die Geldflüsse zu gewinnen", zitiert das Magazin aus der Anordnung der Observierung durch die Staatsanwaltschaft Wien.

Ans Licht kam die Aktion nun durch die Staatsanwaltschaft selbst. Sie hat im Anschluss an den Lauschangriff - vorschriftsgemäß - all jene Personen über die Maßnahme informiert, die während der fraglichen Zeit mit Grasser telefonierten und somit ebenfalls abgehört wurden. Zu ihnen sollen zahlreiche Wirtschaftsgrößen, Politiker und andere prominente Österreicher gehören.

Schnüfflerteams vor Grassers Wohnung
Zuständig für die Aktion war laut "Format" die Sondereinheit Observierung des Innenministeriums. Um möglichst viele Daten sammeln zu können, postierten sich die Ermittler-Teams sogar vor den Wohnungen und Büros von Grasser und Walter Maischberger. Dank neuester Technik fanden sie dabei heraus, dass der Ex-Finanzminister von insgesamt acht Handynummern aus Gespräche führte. Maischberger kam immerhin auf fünf Handynummern. Ein häufiger Telefonwechsel wird von Ermittlern häufig als Anzeichen für eine konspirative Vorgehensweise gewertet.

Doch damit nicht genug der Überwachung: Auch die E-Mails von Grasser lasen die Ermittler mit, ferner wurde auch die Kommunikation überwacht, die der 42-Jährige via Skype führte. Durch Auswertung der Standortdaten von Grassers Handys wurde obendrein ein Bewegungsprofil erstellt.

Allem Anschein nach hat sich der enorme Ermittlungsaufwand für die Fahnder gelohnt. Nach der Abhörmaßnahme deckten sie das Offshore-Netzwerk an Stiftungen und Karibikfirmen auf und eröffneten ein Finanzstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung. Auch die Grasser-Razzien erfolgten im Anschluss an den Lauschangriiff.

Anwalt tobt: "Vorgehen wie gegen Mafiaboss"
Grassers Rechtsanwalt Manfred Ainedter bestätigte am Donnerstag, dass die Justiz mittlerweile auch seinen Mandanten über die Abhöraktion verständigt hat. Dass prompt ein Magazin darüber berichte, sei "der nächste Amtsmissbrauch", wetterte der Rechtsvertreter.

Ainedter kündigte eine Beschwerde gegen die Maßnahme an, um zu prüfen, ob sie rechtens war: Die Observation sei jedenfalls "unverhältnismäßig" gewesen, da kein dringender Tatverdacht bestanden habe. "Das ist ein Vorgehen wie gegen einen Mafiaboss."

"Wos woar mei Leistung?"
Bislang war in der Causa nur bekannt geworden, dass Grasser durch seine Telefongespräche mit dem abgehörten Meischberger rund um die Buwog-Ermittlungen indirekt ins Visier der observierenden Ermittler geraten war. Schon vor Monaten waren Überwachungsprotokolle der Polizei an die Öffentlichkeit gelangt, die teils überraschende Aussagen zutage förderten.

So wusste Meischberger, der ehemalige Geschäftspartner von Grasser, trotz eines Auftragsvolumens von mehreren Hunderttausend Euro für angebliche Beratungstätigkeiten für die Baufirma Porr anscheinend nicht mehr, wofür er dieses Geld bekommen hat (siehe Infobox). Die "Erinnerunglücke" bekannte er dann auch gleich freimütig vor Grasser: "Da bin ich jetzt supernackt." Auch im Telefongespräch mit Geschäftspartner Ernst Karl Plech zeigte der Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker deutliche Aussetzer. Seine Frage an Plech "Wos woar mei Leistung?" besitzt inzwischen Kultcharakter.

Grasser hat stets alle Vorwürfe in der Buwog-Causa zurückgewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung.

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