Wrabetz im Visier

ORF-Betriebsrat gegen Polit-Deals: “Unappetitlich”

Österreich
12.08.2011 16:47
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz weht drei Tage nach seiner Wiederwahl im eigenen Haus ein rauer Wind entgegen. In einem internen Schreiben kritisiert der Programm-Betriebsrat die Vereinnahmung des Staatsfunks durch die Regierungsparteien. Gerüchte um bevorstehende Avancements von Stiftungsräten, darunter auch Mitglieder des Betriebsrats, werden als "unappetitlich" bezeichnet. Strikt abgelehnt wird zudem die Übersiedlung der Programmwirtschaft von der Fernseh- in die Kaufmännische Direktion.

Die Betriebsräte Fernsehen-Programm schenken den Beteuerungen von Wrabetz, wonach es keinerlei politische Deals im Vorfeld seiner Wahl gegeben habe, keinen Glauben. "SPÖ und ÖVP sind dabei, sich den ORF aufzuteilen", heißt es in dem Schreiben. Schlimm daran sei auch, dass "verdiente Kolleginnen und Kollegen in ungerechtfertigter und unverschämter Weise parteipolitisch vereinnahmt und punziert" würden.

Vor der Wahl sei "offensichtlich politisch gedealt und gemauschelt" worden, "dass einem übel wird", schimpfen die Belegschaftsvertreter. Wrabetz werden konkret "Zugeständnisse - allen voran der ÖVP" vorgeworfen, doch "allein das mediale öffentliche Echo auf den politischen Postenschacher ist alles andere als ein Imagegewinn für den 'unabhängigen' ORF".

"Kniefall" von ORF-General vor ÖVP
Der "eigentliche Kniefall" des Generals vor der Volkspartei sei aber die Verlegung der Programmwirtschaft in den Zuständigkeitsbereich des Kaufmännischen Direktors. Dieser wird ja aller Voraussicht nach auch in Zukunft Richard Grasl heißen, die Aufwertung seiner Agenden wird allgemein als Wunsch der ÖVP gehandelt. Bisher war die Programmwirtschaft eine Abteilung der Fernsehdirektion und damit eine "programmunterstützende Serviceabteilung", argumentiert der Betriebsrat.

Mit der Verlegung in eine programmferne Direktion dagegen wären "redaktionelle Entscheidungen (...) in letzter Konsequenz vom Goodwill eines Direktors abhängig, der keinerlei journalistische Zuständigkeit hat". Der Betriebsrat wittert einen "Anschlag auf die journalistische Freiheit und Unabhängigkeit sowie eine massive Bedrohung der redaktionellen Entscheidungsgewalt" und kündigt Protest gegen "politischen Zugriff auf den ORF" an: "Dagegen werden wir uns wehren."

Redakteursrat: "Sehr bedenklich"
Auch der Redakteursrat geht wegen der Verlegung der Programmwirtschaft in die Zuständigkeit des Kaufmännischen Direktors auf die Barrikaden. In einem E-Mail an Alexander Wrabetz wird dieser Schritt als "sehr bedenklich" bezeichnet. "Das könnte in letzter Konsequenz bedeuten, dass redaktionelle Entscheidungen von einer journalistisch völlig kompetenzlosen Direktion beeinflusst, sogar verhindert werden könnten. Eine Beeinträchtigung journalistischer Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit ist absolut inakzeptabel", schreiben die Redakteursvertreter Fritz Wendl, Dieter Bornemann und Eva Ziegler.

Götzhaber und Ziegler im Visier
"Mehr als unappetitlich" finden die Programm-Belegschaftsvertreter diverse Gerüchte über Direktoren- und andere Posten für "rote und schwarze Stiftungsräte, die gar nicht oder bestenfalls halbherzig dementiert werden". Nicht namentlich genannt, aber wiedererkennbar beschrieben werden hier der rote Zentralbetriebsrat Michael Götzhaber, der als Technischer Direktor im Gespräch ist, sowie der bürgerliche Zentralbetriebsrat Robert Ziegler. "Alles das zeichnet ein ORF-Bild in der Öffentlichkeit, das wir uns alle gerne erspart hätten", heißt es dazu.

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