"Abweichler"

FPÖ will eigenen Stiftungsrat absägen

Österreich
10.08.2011 15:08
Die FPÖ will ihren ORF-Stiftungsrat Norbert Steger auswechseln, nachdem dieser am Dienstag Generaldirektor Alexander Wrabetz bei dessen Wiederwahl unterstützt hatte. "Wir sehen uns durch ihn nicht optimal vertreten", begründete der freiheitliche Generalsekretär Harald Vilimsky am Mittwochvormittag das Vorhaben. Einziges Problem: Steger will nicht gehen, und eine Absetzung durch die Partei ist nicht möglich.

Vilimsky betonte, dass die FPÖ aufgrund einer "Vielzahl von Verfehlungen" gegen eine zweite Amtsperiode von Wrabetz eingetreten sei. Konkret zählte er die Einladungspolitik des ORF mit einer "erschütternden Präsenz der SPÖ" und die Causa Ed Moschitz auf, bei der die FPÖ einem ORF-Redakteur vorhält, zwei Skinheads am Rande einer freiheitlichen Parteiveranstaltung zum Rufen von Naziparolen angestiftet zu haben - die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen dazu allerdings eingestellt.

Dass Wrabetz am Dienstag gewählt wurde, sieht Vilimsky als Ergebnis eines "rot-grünen Deals mit Unterstützung des BZÖ und Teilen der ÖVP". Dieser entspreche nicht dem Wollen der FPÖ. Deshalb habe Steger bereits Verständnis gezeigt, dass die Partei ihn allenfalls abziehen könnte: "Wir gehen in Frieden in dieser Angelegenheit auseinander."

Steger empört: "Abgelöst gehört Vilimsky"
Das sieht der frühere Parteichef Steger allerdings ein wenig anders. Er zeigte sich über den Wunsch seiner Ablöse im obersten ORF-Gremium erbost und attackierte Vilimsky scharf: "Er sollte abgelöst werden. Vilimsky hat die Partei medienpolitisch in eine strategische Sackgasse geführt. Ich kann nicht sagen, dass ich auf Zuruf des Herrn Vilimsky mein Amt zurücklegen werde."

"Demokratie braucht aufrechte Leute"
Über die kolportierten zahlreichen SMS, die ihn während der Wahlsitzung am Dienstag vonseiten der Partei erreichten, wollte Steger keine Auskunft geben: "Ich habe das Handy abgedreht gehabt."

Er sei "grundsätzlich der Meinung, dass die Demokratie aufrechte Leute braucht", sagte Steger und erinnerte an die Unabhängigkeit der ORF-Stiftungsräte: "Ich gehe nicht auf Zuruf einer Partei in eine Abstimmung, das entspricht auch nicht der Gesetzeslage. Das habe ich ein einziges Mal bei der Bestellung von Karl Amon als Radiodirektor gemacht und danach habe ich mich geniert."

Später sandte Steger dann noch ein Schreiben an das Bundeskanzleramt, in dem er einen Rücktritt vorsorglich ausschloss. "Behauptungen eines mündlich erklärten Rücktritts, wie sie durch die Medien kolportiert werden, entsprechen nicht der Wahrheit", so Steger.

Mandatsentzug rechtlich gar nicht möglich
ORF-Stiftungsratsvorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp verwies in der Debatte um Steger auf die geltende Rechtslage: "Man kann einem Stiftungsrat das Mandat nicht entziehen. Die Funktionsperiode dauert vier Jahre, das heißt, es wären aus heutiger Sicht noch zweieinhalb Jahre offen", so Kulovits-Rupp am Mittwoch. ORF-Redakteurssprecher Fritz Wendl sieht in dem Manöver einen weiteren Beweis dafür, dass die Gremienmitglieder "am Gängelband der Parteien" hängen würden.

Das oberste ORF-Gremium, das seit der großen ORF-Reform im Jahr 2001 per Gesetz - zumindest auf dem Papier - von der Parteipolitik befreit wurde, sieht sich seit jeher mit dem Vorwurf konfrontiert, immer noch nahe an den Wünschen der Parteizentralen zu agieren. Fraktionen im Wortsinn gibt es zwar nicht, aber de facto sind die vorgeblich lose zusammengesetzten Partei-"Freundeskreise" traditionell sehr eng akkordiert, gemeinsame Linien werden vor den Stiftungsratssitzungen regelmäßig bei Treffen, an denen auch immer wieder Parteienvertreter teilnehmen, abgesprochen.

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