„Krone“-Kommentar

Die Botschaft vom Krauthügel

Salzburg
28.06.2022 05:00

Die Erweiterung der Garage im Mönchsberg ist gestorben, der Krauthügel gerettet.

Angesichts von Krieg und Pandemie mag das manchen vielleicht wie eine wenig bedeutende Lokalnachricht vorkommen. Doch dieses Votum ist keine Kleinigkeit.

Bei der Bürgerbefragung über den Ausbau der Mönchsberggarage ging es zuletzt um mehr als um ein völlig aus der Zeit gefallenes Verkehrsprojekt. Die erfolgreiche Initiative engagierter Salzburgerinnen und Salzburger war auch eine Botschaft an eine gestrige Politik, in der bornierte und sich selbst genügende Cliquen glauben, alle Bitten und Warnungen der Bevölkerung missachten zu können.

Die Menschen sind empfindsamer als es sich das Regierungspersonal in Wien oder auf Landesebene in seiner von der Wirklichkeit abgeschlossenen Welt vorzustellen vermag. Was sich in den vergangenen Monaten vor und noch mehr seit dem Abgang von Sebastian Kurz und den darauffolgenden Rücktritten abgespielt hat, hat die Sinne für das Zumutbare beziehungsweise Unzumutbare geschärft. Gesprächsverweigerung und eine Politik von oben herab gehen nicht mehr.

Den Politikerinnen und Politikern wird es nicht erspart bleiben, dass sie sich auch abseits von netten Fototerminen mit Freunden in Wahlkampfzeiten auf Diskussionen und andere Meinungen einlassen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die „Alles geht“-Sitten eine sich radikalisierende „Gegen alles“-Protestkultur befördern und am Ende nur unversöhnliche Lager einander gegenüberstehen. Das wäre katastrophal in der rauer werdenden Gegenwart, in der „Eigenverantwortung“ zum Kampfbegriff zu werden droht. Schließlich wäre es ja nicht so, dass es nicht genügend zu tun gäbe: im Wohnbau, bei den Pflegeeinrichtungen, in den Seniorenhäusern, den Schulen und Kindergärten, bei einer zeitgemäßen Verkehrsplanung. Diese Liste ließe sich lange weiterführen.

Sparen oder Schulden ist dabei ein unseriöses Gegensatzpaar. Geld beim Fenster hinauszuwerfen oder es Parteifreunden zuzuschanzen, ist von richtigen und wichtigen Investition zu unterscheiden. Das gilt für die kommenden Jahre knapper werdender Budgets mehr denn je.

Wenn es bei uns nicht zu derartig ungemütlichen Entwicklungen wie die der Gelbwesten-Bewegung in Frankreich kommen soll, werden die heute Regierenden und deren Nachfolger über ihr eigenes, gut abgesichertes Umfeld hinausdenken müssen.

Falsche Entwicklungen und Fehleinschätzungen gibt es in jeder Partei. Die lassen sich korrigieren: entweder weil die Parteien das von selbst und von innen heraus machen oder weil das letztlich die Wähler übernehmen.

Demokratie ist mühsam, aber sie ist nicht müde, wie mit dem Votum am Sonntag wieder einmal bewiesen ist.

Das politische Geschäft ist fordernd wie lange nicht. Politiker sind Getriebene am Rand der Erschöpfung, wie die Fehlleistungen der vergangenen Wochen deutlich zeigen.

Es liegt aber auch uns, den in der Politik tätigen Menschen immer wieder eine Phase der Nachdenklichkeit lassen und nicht immer sofort Antworten einzufordern.

Das führt unter anderem zur politischen Unart, mit einem „Die anderen haben aber auch“-Vorwurf die eigenen Fehler wegzureden. Das führt in die Sackgasse. Bürgerbefragungen sind eine Möglichkeit, die Politik aus der Sackgasse zu führen.

Die Botschaft vom Krauthügel ist in ihrer Kleinheit damit eine ganz große Botschaft.

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