"Kein System"

Harsche Kritik der EU an dänischen Grenzkontrollen

Ausland
18.07.2011 14:58
Dänemark droht wegen der Wiedereinführung von Grenzkontrollen Ärger mit der EU. Experten vor Ort hätten keine "ausreichenden Rechtfertigungen von dänischer Seite" für die Kontrollen erhalten, zeigte sich die EU-Kommission am Montag in Brüssel unzufrieden. Vertreter der Kommission hatten vergangene Woche die - wegen einer möglichen Umgehung des Schengen-Abkommens - heftig umstrittenen Zollkontrollen an den Grenzen zu Deutschland und Schweden überprüft.

Neben den fehlenden Rechtfertigungen habe es auch keine klaren Anweisungen für die dänischen Zollbeamten gegeben, wie solche Kontrollen durchzuführen seien, bemängelte die Kommission. "Es scheint auch kein strukturiertes Meldesystem über die Anzahl und die Ergebnisse der intensivierten Grenzkontrollen zu geben", hieß es in Brüssel.

"Unglücklicherweise konnten wir durch die Mission keine ausreichenden Antworten auf unsere Fragen erhalten", kritisierte die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström. Es gebe "anhaltende Bedenken", ob Dänemarks verschärfte Kontrollen mit den Regeln zur Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Raums vereinbar seien. Dänemark müsse nun beweisen, "dass die Schwere der Lage die Wiedereinführung der Kontrollen rechtfertigt".

EU-Kommission droht mit Vertragsverletzungsverfahren
Malmström drohte der Regierung in Kopenhagen mit einem Vertragsverletzungsverfahren: "Die Kommission wird nicht zögern, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um die Bewegungsfreiheit von Waren, Dienstleistungen und Menschen sowie die vollständige Einhaltung der EU-Gesetzgebung zu garantieren."

Die Kommission hat in einem Schreiben weitere Erläuterungen Dänemarks gefordert. Die Expertenprüfung habe gezeigt, dass der Dialog mit den dänischen Behörden verstärkt werden müsse sowie "die Einführung eines strengen Überwachungssystems" auf Grundlage von ständigen Informationen und möglicherweise weiteren Besuchen vor Ort nötig seien, erklärte die Kommissarin.

Kopenhagen ortet grenzüberschreitende Kriminalität
Trotz heftiger Kritik hatte Dänemark Anfang Juli wieder dauerhafte Zollkontrollen eingeführt. An den Grenzen des Landes zu Deutschland und Schweden wurden dafür 50 zusätzliche Beamte stationiert. Dänemark betonte stets, nur Güter und nicht Menschen kontrollieren und so die grenzüberschreitende Kriminalität verhindern zu wollen.

Ab Anfang 2012 sollen weitere 48 Zöllner die Grenzen zu den beiden Nachbarstaaten überwachen. Bis 2014 sollen auch zusätzliche Kontrollgebäude an dänisch-deutschen und dänisch-schwedischen Grenzübergängen errichtet werden. Außerdem sollen elektronische Überwachungsanlagen zum automatischen Einscannen von Autokennzeichen installiert werden.

Kontrollen auf Druck der Rechtspopulisten beschlossen
Die Minderheitsregierung von Premier Lars Lökke Rasmussen hatte die Kontrollen im Mai auf Druck der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei beschlossen. Die Rechtspopulisten unter Parteichefin Pia Kjærsgaard sind seit Ende 2001 an der Regierung beteiligt und haben unter anderem massive Verschärfungen beim Familiennachzug von Zuwanderern, die Halbierung der Sozialhilfesätze für diese Gruppe und immer neue Hürden für das Erlangen der dänischen Staatsbürgerschaft vorgeschlagen - und stets weitgehend durchgesetzt. Als Gegenleistung gaben sie ihr Ja zum jeweiligen Haushalt oder anderen Regierungsvorhaben.

Bei drei Wahlen in Folge stand das Ausländerthema im Zentrum, dreimal konnten die Dänische Volkspartei und ihre Partner aus dem traditionell bürgerlichen Lager recht souverän gewinnen.

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