Keine Proben möglich

Spanisches Gemüse aus allen Regalen in Bio-Läden entfernt

Wien
30.05.2011 14:21
Nachdem bekannt wurde, dass in 33 österreichischen Bio-Läden spanische Gurken verkauft wurden, hat am Montag die Lebensmittelaufsicht mit der Überprüfung der Geschäfte begonnen. Spanische Gurken konnten allerdings keine gefunden werden. "In ganz Wien gibt es keine spanischen Gurken mehr. Wir würden ja gerne Proben ziehen, aber es sind alle schon weg", sagte Alexander Hengl (im Bild), Sprecher des Wiener Marktamtes, nach einer Inspektion.

In Wien hatten sich die Kontrolleure in der Früh aufgemacht, um in Bio-Märkten (hier die vollständige Liste der betroffenen Händler) nach spanischen Gurken zu suchen. Vergeblich, denn das möglicherweise mit dem gefährlichen EHEC-Keim verunreinigte Gemüse war nach der Warnung der Behörden längst in den Mistkübel gewandert.

Auch in der Ottakringer Filiale von Bio Maran fanden sich nur mehr Gurken aus Italien und Griechenland. "Wir haben am Donnerstagabend von dem Verdacht erfahren und die Gurken gleich aus dem Sortiment genommen", sagte die Geschäftsführerin der Bio-Maran-Märkte, Mareike Nossol. "Der Rückruf ist freiwillig erfolgt, die Sicherheit steht an erster Stelle. Aber es hat keinen konkreten Verdachtsfall gegeben."

Nossol erklärte auch, warum überhaupt spanische Gurken in heimischen Bio-Märkten angeboten werden: "Die Saison fing erst vergangene Woche an. Natürlich bemühen wir uns, Produkte regionaler Hersteller anzubieten." Aber man müsse sich eben am Markt versorgen. Auf einem Schild informiert Maran seine Kunden über den Keim. Auch vor Melanzani und Tomaten aus Spanien wird vorsorglich gewarnt: "Die sind vom selben Lieferanten", sagte Hengl.

Käufer gehen nach wie vor in Bio-Läden
Auch in der Filiale des Biomarktes in der Landstraßer Hauptstraße ging es am Montag, gleich nach Geschäftsöffnung, auf den ersten Blick zu wie immer: Geschäftiges Treiben herrschte sowohl bei den Kunden als auch bei den Mitarbeitern. An der Eingangstür und am schwarzen Brett gibt es Informationen über die EHEC-Gefahr. Und: In den Obst- und Gemüseregalen sucht man Produkte aus Spanien vergeblich. Dass die betroffene Ware vermutlich von der Iberischen Halbinsel stammt, wundert hier offenbar niemanden. "Spanien hat ohnedies den schlechtesten Ruf bei Bio-Ware", so Filialleiterin Ilona Kantner.

Zurückgebracht wurde bisher nichts, sagte Kantner. Zwei oder drei Kunden hätten explizit nach österreichischen Waren verlangt oder sich besonders sorgfältig über die Herkunft einzelner Produkte informiert. Grundsätzlich dürfte die Bio-Kundschaft gut im Bilde sein.

Die Chefin ist allerdings erbost über die "schlechte Presse", die die Bio-Ware derzeit im Land bekomme. "Solche Schlagzeilen verunsichern die Kunden doch!" Immerhin handle es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Bis auf Weiteres werden auch keine Produkte von der Iberischen Halbinsel den Weg in die Bio-Maran-Regale finden.

Konsumenten verunsichert, erste Einbußen für Händler
Die Konsumenten sind durch den EHEC-Keim tatsächlich verunsichert: Die Gemüseproduzenten registrieren Verkaufseinbußen bei Salatgurken. Bei Österreichs größtem Gemüseproduzenten, LGV Frischgemüse, ist der Verkauf von Gurken am Ende der Woche um zehn Prozent zurückgegangen, berichtete Vorstand Gerald König am Montag. König befürchtet nun eine Überreaktion der Verbraucher, die vor allem die heimischen Bauern treffen würde. "Es ist für uns dramatisch, denn wir haben mit der ganzen Sache nichts zu tun."

Auch den Handelsketten macht der EHEC-Virus Sorgen: "Man merkt schon, dass die Kunden im Gemüsebereich viel zurückhaltender reagieren und sehr viel nachfragen", sagte Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Angesichts von Verkaufsrückgängen sind die großen Händler Rewe, Spar und Hofer um Schadensbegrenzung bemüht und versichern unisono, dass man alle Lieferanten kenne und keine Gefahr für die Kunden bestehe.

Auch Bio Austria, die Vereinigung heimischer Biobauern, will die Konsumenten beruhigen. "Bislang wurden bei Bio-Gemüse und -Salat aus österreichischem Anbau keine entsprechenden Keime gefunden", so Obmann Rudi Vierbauch. "Was Obst und Gemüse anbelangt, ist das Herkunftsprinzip gesetzlich klar geregelt", erklärte der Gemüseexperte von der Landwirtschaftskammer Österreich, Johann Kreiml. Laut Marktordnung müsse im Ausland geerntetes Gemüse dementsprechend gekennzeichnet werden. Allenfalls könnte der Verbraucher durch eine österreichische Flagge auf der Verpackung oder im Firmenlogo getäuscht werden. Um das zu verhindern, empfiehlt Kreiml, auf Gütesiegel zu achten.

Übertragung der Keime nach wie vor unklar
Wie der Keim auf die Gurken gelangen konnte, ist nach wie vor unklar: "Ich schließe den Großmarkt in Hamburg eher aus", sagte Marktamts-Sprecher Hengl. Bleiben der Lieferant und der Hersteller, wobei dem betreffenden Bauern wohl kaum Absicht unterstellt werden kann: "Der muss einmal so dumm sein, fertiges Gemüse zu düngen." Und zwar mit Naturdung.

Wahrscheinlicher sei es, dass der Landwirt ein Nachbarfeld düngen wollte und irrtümlich die fertigen Gurken erwischt hat, meinte Hengl weiter. Oder der Lieferant habe vor dem Transport der Gurken etwas gefahren, was die Kontamination mit dem EHEC-Keim möglich gemacht habe. Hengl betonte auch, dass nach wie vor nicht hundertprozentig sicher sei, ob die auf den Gurken gefundenen Keime dem im Verdacht stehenden Hersteller zugeordnet werden können.

Rückrufaktion ist reine Vorsichtsmaßnahme
Die letzte Lieferung spanischer Bio-Gurken ging laut Hengl in der Kalenderwoche 17 an den Wiener Gemüsegroßmarkt. Jetzt läuft bereits die 22. Kalenderwoche, was bedeutet, dass die bisher letzte Lieferung rund ein Monat her ist. Die Rückrufaktion sei laut der Gesundheitsagentur AGES als "vorbeugender Verbraucherschutz" ergangen. Betroffen sind Schlangengurken, wilde Tomaten, Strauchtomaten, Cherrytomaten sowie Melanzani, da man nicht ausschließen könne, dass diese durch Transport oder Lagerung kontaminiert wurden.

Bisher nur importierte Fälle in Österreich
Noch wurde kein Österreicher mit EHEC infiziert. "Es sind bisher nur importierte Fälle", sagte die Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Pamela Rendi-Wagner. Zwei Deutsche, die sich als Radurlauber in Oberösterreich aufhielten, wurden positiv auf den Keim getestet. Beide dürften sich in ihrem Heimatland infiziert haben. Die Urlauber sind jedoch bereits auf dem Weg der Besserung.

Bei dem dritten in Zusammenhang mit EHEC genannten Verdachtsfall liegt keine solche Infektion vor. "Bei diesem dritten Fall hat eigentlich nie ein klinischer Verdacht bestanden", sagte Rendi-Wagner am Montag. Bei dem Patienten handelt es sich um einen in Österreich arbeitenden deutschen Schauspieler, der nach einem Heimatbesuch plötzlich schwere Durchfallsymptome zeigte. Nach Angaben des AKH Linz wurde der Mann jedoch schon entlassen.

Umfassende Kontrollen sollen Gefahr in Österreich bannen
Gesundheitsminister Alois Stöger geht davon aus, dass durch umfassende Kontrollen die Gefahr des EHEC-Virus in Österreich gebannt werden kann. Die Länder seien angewiesen, bei all jenen Unternehmen Überprüfungen durchführen zu lassen, an die möglicherweise verseuchtes Gemüse geliefert wurde. Grundsätzlich hielt Stöger die Bevölkerung an, sehr vorsichtig zu sein und bei Gemüse entsprechende Hygienemaßnahmen zu setzen.

Dass es sich bei dem möglicherweise verseuchten Gemüse um Bioprodukte handelt, ist für den Minister kein Anlass, an diesen Lebensmitteln grundsätzlich zu zweifeln. In Österreich würden alle Lebensmittel genau kontrolliert. Überdies gehe er davon aus, dass durch die Produzentenlisten, die aus Deutschland übermittelt worden seien, alle gefährdeten Produkte erfasst werden konnten.

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