Treffen am Semmering

Schicksalhafte Regierungsklausur für Koalition

Österreich
30.05.2011 11:04
Gut möglich, dass es der Koalition bei ihrer am Montag um 10 Uhr begonnenen zweitägigen Klausur nicht ausschließlich um Wohl und Reform der Republik geht. Mit dem inszenierten Treffen auf dem Semmering fällt auch die Vorentscheidung, ob SPÖ oder ÖVP der nächsten Regierung noch angehören werden. Nach den Nationalratswahlen 2013 – aber eher bereits im kommenden Jahr – wird eine anders sortierte Parteienlandschaft den politischen Ton bestimmen.

Bis jetzt sind die Nachweise für den Sinn einer rot-schwarzen Partnerschaft nämlich eher bescheiden ausgefallen. Diese Konstellation, die man einmal "Große Koalition" genannt hat, erweckt nicht den Eindruck, sie wäre zwingend notwendig. Und aus der Halbzeitbilanz ließe sich nur mit sehr viel Wohlwollen ablesen, dass die hierzulande gewohnte Regierungsform das Land entscheidend voranbringen würde. Eher im Gegenteil. Einige in der Koalition verwechseln in fataler Fehleinschätzung die mutlose Erstarrung mit einer eitel selbstgelobten Stabilität.

Dass besonders Landeshauptleute und speziell die Achse zwischen Wien und St. Pölten ein Bremsfaktor wären, wird oft beklagt und selten widerlegt. Allerdings wirkt der stete Vorwurf, man könne "gegen die Länder nichts machen", mit jeder Wiederholung immer mehr wie eine willkommene Ausrede, um riskante Veränderungen zu vermeiden. Es ist aber auch irgendwie schwer vorstellbar, dass Kanzler Werner Faymann oder gar dessen Vize Michael Spindelegger den Landeshauptleuten Michael Häupl und Erwin Pröll einmal ordentlich die Meinung reinsagen könnten.

Bei besonnener Verhandlungsführung sind Erfolge durchaus machbar. Das zeigte sich am Beispiel Kärntens. In der ewigen Frage der zweisprachigen Ortstafeln war Landeshauptmann Gerhard Dörfler nach langem Tauziehen für einen tauglichen Kompromiss zu gewinnen. Bezeichnend ist jedoch, dass die Regierung diesen historischen Durchbruch nur weit unter dem Werbewert verbuchen konnte.

Zeit, an Alternativen bei der Partnerwahl zu denken
Jedenfalls ist es für SPÖ und ÖVP hoch an der Zeit, an Alternativen bei der Partnerwahl zu denken. Die Vorsitzenden der beiden Parteien mögen das öffentliche Eingeständnis solcher Farbenspiele als taktlos empfinden. Aber würden Faymann und Spindelegger nicht auch andere Varianten in Erwägung ziehen, wäre das mehr als nur eine politische Unterlassungssünde. Den Erhalt der Regierungsbeteiligung erwarten auch die jeweiligen Gefolgsleute. Schließlich wolle man doch seine politischen Ideen umsetzen - welche immer das konkret sein mögen. Nicht zu vergessen auf die mit der Macht verknüpften Posten, die zu verteilenden Geldmittel und den Einfluss in den staatsnahen Unternehmen. Zudem sind weder Faymann noch Spindelegger geübte Oppositionspolitiker. Ist man einmal draußen, könnte eine Rückkehr auf die komfortable Regierungsbank länger auf sich warten lassen.

Auch den Letzen sollte die Dramatik klar geworden sein
Wie prekär die Lage ist, zeigen auch die aktuellsten Umfragen. Wenn ausgerechnet der im Zweifel links orientierte "Standard" am Wochenende vor der Regierungsklausur von einem SPÖ/FPÖ-Gleichstand bei 27 Prozent berichtet, mag das einigen die Laune verhageln. Wenn dann diese Umfragen der ÖVP unter ihrem neuen Chef Michael Spindelegger auch noch eine Stagnation bei 23 Prozent ausweisen, sollte jetzt auch den Letzten die Dramatik klar geworden sein.

Eine weitere Verschärfung der Situation ist zu erwarten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erweitert sein Betätigungsfeld. Nicht nur außenpolitisch – wie immer man das bewerten mag. Strache hat von Experten ein detailliertes Wirtschaftsprogramm ausarbeiten lassen, das vor allem von starker Unternehmerfreundlichkeit für kleine und mittlere Betriebe gekennzeichnet ist. Auch ein ziemlich konservatives bildungspolitisches Konzept ist abgeschlossen.

Damit nicht genug, knüpft Strache diskret auch andere Bande. Erst am vergangenen Mittwoch war der FPÖ-Chef in einem Wiener Innenstadtlokal zu sehen: im trauten Gespräch mit der ebenso dem Raiffeisenkonzern wie der ÖVP verbundenen ehemaligen ORF-Generalin Monika Lindner.

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