SP-Parteitag in Wien

Häupl will künftig offensiver gegen die FPÖ auftreten

Wien
28.05.2011 21:36
Der Wiener Bürgermeister und Landesparteivorsitzende Michael Häupl hat sich beim Parteitag der Wiener SPÖ am Samstag im Austria Center dafür ausgesprochen, der FPÖ künftig stärker Paroli zu bieten. Man werde verstärkt daran erinnern, was unter Schwarz-Blau passiert sei, kündigte Häupl an. Man müsse den "Lügen" von FP-Chef Heinz-Christian Strache "viel offensiver" entgegentreten. Danach wurde der SPÖ-Politiker als Landesvorsitzender bestätigt - allerdings mit dem zweitschlechtesten Wahlergebnis seiner Karriere in der Wiener Stadtpolitik.

Beim 66. Parteitag im Austria Center erhielt Häupl nur noch 89,2 Prozent oder 794 von 890 gültigen Delegiertenstimmen. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2009 konnte der neue alte Landesvorsitzende noch mit 98,1 Prozent sein bis dahin bestes Ergebnis einfahren. Bei seiner ersten Wahl im Jahr 1993 kam er auf 83,1 Prozent Zustimmung. Alle späteren Ergebnisse lagen deutlich darüber - und auch über dem Wert vom Samstag.

Häupl zeigte sich nach der Ergebnisverkündung gelassen. Das Resultat sei "so zur Kenntnis zu nehmen, wie es die Delegierten entschieden haben". Rund 90 Prozent sei sowieso das Maximum, was man außerhalb von Wahlzeiten als Vorsitzender bekommen könne. Vor den Delegierten sprach Häupl von einem "hohen Vertrauensvorschuss". Er werde sich bemühen, diesem durch harte Arbeit Rechnung zu tragen.

"Wahlergebnisse sind so, wie sie sind"
Noch weiter in der Gunst der SPÖ-Delegierten stürzten Vizebürgermeisterin Renate Brauner (72,1 Prozent) und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (76,3 Prozent) ab. Den Absturz Brauners führte Häupl auf ihre Funktion zurück: "Das ist nicht der Job, mit dem man sich in der Partei beliebt macht." Man sei "als Finanzstadträtin damit befasst ist, öfter Nein sagen zu müssen". Brauner selbst wollte ebenfalls keinerlei Enttäuschung signalisieren: "Wahlergebnisse sind so, wie sie sind." Es sei eben in Zeiten der Krise nicht leicht, Finanzstadträtin zu sein. Ansonsten wolle sie in die Wahlresultate "keine Interpretationen hineingeheimsen".

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig konnte hingegen in der Wahl des Vorsitzenden und der fünfköpfigen Stellvertreterriege überraschenderweise die meisten Stimmen einfahren. Er schaffte auf Anhieb 90,3 Prozent. Der Vergleich ist deshalb nicht uninteressant, da sowohl Brauner als auch Ludwig als potenzielle Kandidaten für den Bürgermeister-Sessel gehandelt werden. Dass der Wohnbaustadtrat - er rückt als Stellvertreter Johann Hatzl nach, der im April verstorben ist - die meisten Stimmen erhielt, ist zudem bemerkenswert, da neue Mitglieder der Stellvertreterriege bei ihrer ersten Wahl für gewöhnlich ein eher niedriges Ergebnis einfahren.

Häupl warnt vor "Sündenbockphilosophen"
Zuvor hatte Bürgermeister Michael Häupl in seiner Ansprache an den Landesparteitag vor einem "nicht unerheblichen Frustpotenzial" in der Stadt gewarnt. "Sündenbockphilosophen" und Hetzer würden sich dieses zunutze machen. Vieles erinnere ihn an "Kampf um Berlin" von Joseph Goebbels: "Wer sich dieses Buch vor Augen führt, fühlt sich bedauerlich an heutige Zeiten erinnert, das ist fast ein Déjà-vu." Damals seien die Juden das Feindbild gewesen: "Heute heißt es wohl allgemein Ausländer."

Die Diskussion darüber, wer die wirklichen Sozialschmarotzer seien, lohne sich allemal. Man müsse Klartext sprechen und sagen, wie die Wirklichkeit aussieht: "Es hat keinen Sinn, ihm was nachzubrabbeln oder von der anderen Seite mit Unwahrheiten zu kommen. Es ist völlig genügend, seinen (Straches, Anm.) Lügen die Wahrheit gegenüberzustellen."

Häupl will "Heuchelei in aller Deutlichkeit benennen"
Gerade die Freiheitlichen hätten es "absolut notwendig", den Solidarbeitrag für Griechenland im Ausmaß von 1,2 Milliarden Euro zu kritisieren, so Häupl sarkastisch. Denn der Einsatz für die Hypo in Kärnten habe 20 Milliarden Euro gekostet. "Der Herr, der sich am meisten drüber aufregt, der hat so viel Butter am Kopf, dass er wie ein Germknödel ausschaut. Diese Heuchelei sollte man auch in aller Deutlichkeit benennen", forderte Häupl.

Er sprach sich für ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Integration und Zusammenleben aus, zu dem er auch "ehrliche Christlichsoziale" und die Grünen, die er in diesem Zusammenhang einen "immer vernünftiger werdenden Partner" nannte, einlud: "Dieses gesellschaftliche Bündnis in den Fragen der Integration von allen, die guten Willens sind, das ist von uns herbeizuführen und von uns zu schmieden."

"Wir erreichen nicht die Herzen"
Und natürlich werde man die Leute erinnern, was die schwarz-blaue Regierung getan habe: "Man hat das ja alles erlebt. Die Hypo ist nur ein Teil, Buwog, Bereicherungen ohne Ende." Wer aus Frust FPÖ wähle, dürfe danach nicht jammern. Aufgabe der Sozialdemokraten sei es nun, dafür zu sorgen, dass man nicht nur die Köpfe der Menschen erreiche. Denn wenn man frage, wer die besten Konzepte habe, dann würden viele sagen: die SPÖ. Wenn man die Leute frage, wer sie besser verstehe, laute die Antwort jedoch: die FPÖ und der Herr Strache.

"Das heißt, wir erreichen nicht die Herzen und nicht die Emotionen", beklagte Häupl. Zusatz: "Wenn mir jemand sagt, wie man das lösen kann, dann werde ich ihn küssen und ihm zwei Stunden lang zuhören. Das wäre ein Wunderwuzzi." Wichtig sei jedenfalls, sich der Frage der sozialen Gerechtigkeit zu widmen, in Wien, aber auch in Europa bzw. in der Europäischen Union.

Faymann macht sich für "Leistungsträger" stark
Bundeskanzler Werner Faymann hatte sich zuvor in seiner Rede für die "Leistungsträger" starkgemacht und gleichzeitig gegen Banken und Finanzmärkte gewettert. Denn die Sozialdemokratie sei nicht zufrieden, wenn die Bilanzen von Investmentbanken wieder positiv sind, sondern erst, wenn die Europäer nicht mehr von Armut bedroht sind.

Die Mittel müssten an alle Leistungsträger verteilt werden, wobei man diese nicht daran erkenne, dass sie Millionäre seien: "Hart arbeitende Menschen sind die Leistungsträger, die wir meinen", betonte Faymann in seiner Rede am Wiener SPÖ-Parteitag. Die Schlagwörter "Leistung" und "Leistungsträger" waren zuletzt, etwa rund um den Parteitag der Volkspartei, wieder verstärkt vom Bundes-Koalitionspartner ÖVP ventiliert worden.

Seitenhieb auf Erste-Chef Treichl
Ihm sei eine Krankenschwester, die sich ein Leben lang für Menschen einsetze, auf den Titelseiten der Wirtschaftsmagazine lieber als Akteure der Finanzwelt, so Faymann. Die wichtigste Auseinandersetzung für die Sozialdemokratie bestehe darin, jener Haltung entgegenzutreten, dass öffentliche Haushalte nur dazu da seien, "Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren". Der Bundesparteiobmann spielte dabei auch auf die jüngste Schimpftirade von Erste-Bank-Chef Andreas Treichl an: Bankdirektoren würden zuerst den Staat anrufen, wenn sie was bräuchten, und danach "g'scheit daherreden".

Die Sozialdemokratie sehe die Funktion des Staates darin, dass Menschen Beschäftigung haben. Es gehe um Verteilungsgerechtigkeit, denn "wie kann es sein, dass die einen immer reicher und die anderen immer ärmer werden", fragte Faymann rhetorisch. "Ich kann die jungen Leute in Spanien gut verstehen, wenn sie ein Gefühl der Ungerechtigkeit haben", verwies der Kanzler auf die dortige Protestbewegung. Wenn in Teilen der EU eine bis zu 40 Prozent hohe Jugendarbeitslosigkeit herrsche, "dann sind das die Sorgen der Sozialdemokratie und nicht die Gewinne der Banken".

Faymann plädierte erneut für eine europäische Finanztransaktionssteuer. Diese wäre ein gerechter Beitrag von Banken, Finanzmärkten und Superreichen, "die sich nicht länger in Steueroasen verstecken und uns dann Ratschläge erteilen können, wie wir die Sozialsysteme kürzen sollen".

Opposition ortet Scheinheiligkeit
Die Rathaus-Opposition ließ erwartungsgemäß kein gutes Haar am Landesparteitag der Wiener SPÖ. FP und VP orteten in den Reden von Bundeskanzler Faymann und Bürgermeister Häupl Scheinheiligkeit und Funktionärspathos. "Dass ausgerechnet beim Parteitag der Wiener SP der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit beschworen wird, ist eine Frechheit", ärgerte sich FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus.

Die Wiener VP-Chefin Christine Marek sah das rote Parteitagsmotto "Damit was weitergeht" von der Volkspartei abgekupfert. Dies störe sie nicht, es sei jedoch "sehr schade, dass sich die SPÖ nicht mit dem dahinter stehenden Programm des Leitsatzes befasst hat". Stattdessen habe man am Samstag etwa in Bezug auf Bildungs-, Arbeits- und Wirtschaftspolitik nur "Überschriften und Funktioner beste Garant dafür, dass in der Bundeshauptstadt überhaupt nichts weitergehe, analysierte Obmann Michael Tscharnutter.

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