Am Morzinplatz

Pläne für jüdisches Großarchiv um 120 Millionen Euro

Wien
19.05.2011 14:11
Wien könnte bald ein 120 Millionen Euro teures jüdisches Großarchiv bekommen. Gespräche mit öffentlichen Stellen bei Bund und Land soll es laut Ariel Muzicant, Präsident der israelitischen Kultusgemeinde, bereits geben. Bekannt wurden die Pläne nun in Zusammenhang mit einem Rechtsstreit: Wegen Dokumenten, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs von Wien nach Israel ausgelagert wurden und jetzt zurückgefordert werden, verklagte die IGK das Zentralarchiv für die Geschichte des jüdischen Volkes.

Bei den Dokumenten habe es ich zum Leihgaben gehandelt, wird IKG-Präsident Ariel Muzicant in der Zeitung "Jüdische Allgemeine" zitiert. Doch das israelische Archiv beharre darauf, die Dokumente seien ihm "für immer" anvertraut worden. Es gebe zwar keinen Leihvertrag, aber Korrespondenzen, aus denen klar hervorgehe, dass es sich um Leihgaben handelt, so Muzicant.

Über Jahrzehnte in Garage gelagert
Die Dokumente waren ab Ende der 1940er-Jahre in mehreren Tranchen nach Israel transportiert worden. Die IKG-Leitung sei laut dem Zeitungsbericht damals der Ansicht gewesen, dass man sich dort der Bestände besser annehmen würde. Tatsächlich seien die Archivalien - drei bis 3,5 Millionen Seiten unterschiedlicher Formate - in Israel aber über Jahrzehnte in Kisten in einer Garage gelagert worden und verstaubt, bedauert Muzicant.

Dokumente um die halbe Welt verstreut
Das Archiv der IKG wurde 1816 gegründet. Die Bestände dokumentieren die Geschichte der Juden in Wien seit dem 17. Jahrhundert. Einiges davon wurde nach Kriegsende nach Moskau gebracht, doch viele Archivalien lagern heute in Polen, Tschechien, verschiedenen Teilen Österreichs und eben in Israel. Muzicant ist laut dem Bericht mit allen betroffenen ausländischen Archiven im Gespräch, um die Wiener Dokumente wieder an ihrem Ursprungsort zusammenzuführen. Russland und Tschechien hätten bereits zugesagt, die Bestände zu überstellen.

Forschungs-Kooperation gewünscht
Der IKG-Präsident plant, alle in Wien auf verschiedene Standorte verstreute Bestände gemeinsam mit jenen, die sich noch im Ausland befinden, an einem Ort zu bündeln. "Ich will, dass all das geordnet, aufgearbeitet, inventarisiert und digitalisiert wird. Und dann kann man es für die Forschung freigeben", erklärte Muzicant. Er tritt für eine Kooperation mit allen Einrichtungen sein, die ebenfalls über Archivalien verfügen, die die NS-Zeit beziehungsweise jüdisches Leben dokumentieren, und nennt dabei das Staatsarchiv, das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und das Wiener Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien.

120-Millionen-Euro-Projekt am Morzinplatz?
Als Standort für dieses geplante jüdische Großarchiv wird in dem Bericht der "Jüdischen Allgemeinen" ein Neubau auf dem Morzinplatz in der Wiener Innenstadt genannt. Dieses Archiv könnte dann auch das Museum der Stadt Wien und das Jüdische Museum Wien beherbergen, das derzeit zwar ohnehin umgebaut, aber aufgrund der baulichen Gegebenheiten auch nach der Wiedereröffnung unter Platzmangel leiden wird. Muzicant spricht in diesem Zusammenhang von einem 120-Millionen-Euro-Projekt. Gespräche mit öffentlichen Stellen bei Bund und Land soll es bereits geben. Fest stehe noch nichts, aber es gebe positive Signale.

AG/dra

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