"Zu blöd und zu feig"

Treichl tut Sager leid – für Politiker, die hart arbeiten

Österreich
19.05.2011 10:34
Erste-Bank-Chef Andreas Treichl, der mit seiner Tirade gegen die Politik seit dem Wochenende für hitzige Debatten sorgt, hat sich am Donnerstag für seinen "Blöd und feig"-Sager entschuldigt. Allerdings nur insofern, als dass ihm dieser in Bezug auf "hart arbeitende Politiker" leid tue. Erneut bekräftigte der Bank-Manager, sein Unternehmen wolle die Staatshilfe vor Ende Juni tilgen.

"Ich habe einen rüden Satz von mir gegeben, der mir für all die Politiker leid tut, die mit vollem Einsatz für dieses Land arbeiten und kämpfen", sagte Treichl bei einer Pressekonferenz in der Bankzentrale in Wien.

Er habe pauschal verurteilt, räumte der Erste-Manager ein. Und Pauschalverurteilungen seien immer schlecht. Er wünsche sich allerdings, dass auch die Banken nicht mehr pauschal verurteilt werden, so wie dies seit Jahren passiere, forderte Treichl.

Hatte Treichl mit seiner Tirade recht - und ist es okay, dass er sich entschuldigt? Mitvoten bei der Abstimmung in der Infobox!

Treichl: Noch nie so viele SMS bekommen
Fragen, ob die Politiker deshalb "zu faul" seien, weil in Brüssel nichts weitergehe, beantwortete Treichl in seiner gut besuchten Pressekonferenz nur mit einem Lachen. "Sie werden mich nicht zu einer weiteren Pauschalaussage bringen. Ich habe sehr viele Freunde in der Politik, die sehr hart arbeiten und ihre Sache gut machen. Und es gibt viele Leute, mit denen ich nicht befreundet bin, die eine tolle Arbeit machen." Politik sei extrem schwierig, vor allem Finanzpolitik sei vor zehn, 20 Jahren um einiges leichter gewesen.

Wen er mit seiner Kritik nun tatsächlich meinte, behielt er aber für sich: "Ich werde jetzt nicht ein Pauschalurteil in seine Einzelteile zerlegen." Noch nie in seinem Leben habe er so viele SMS bekommen wie nach jener Aussage, so Treichl. Die, die ihm persönlich schrieben, hätten ihm zugestimmt. Seine Kritiker hätten sich eher nicht an ihn gewandt, sondern an andere. "Eigentlich traurig und bedenklich", meinte Treichl, dass es eines solchen Aufschreis bedurfte, um ein Problem zu thematisieren.

Spindelegger versprach "Task Force" zu Kapitalregeln
Inhaltlich drängte er die Politik dazu, sich in Brüssel für eine Entschärfung der neuen Kapitalregeln im Sinne der Geschäftsbanken in Österreich und Osteuropa einzusetzen, bevor es zu spät ist. Andernfalls drohe eine Kreditklemme. "Deswegen mein Aufschrei."

Vor der Ungleichbehandlung von Geschäfts- und Investmentbanken im neuen Basel-III-Eigenkapitalregime warne er nämlich schon lange. Insofern sei das ein alter Hut. "Ich keppel seit zwei Jahren", sagte Treichl, "da hat sich viel aufgestaut." Mit höflichen Diskussionen und sachlichen Hinweisen habe man nichts weitergebracht. Jetzt sei aber nur mehr bis zum Jahresende Zeit. ÖVP-Chef Michael Spindelegger, mit dem Treichl Anfang der Woche ein "Kalmierungsgespräch" führte, habe ihm eine "Task Force" von Wirtschaft und Politik zugesagt. Er habe große Hoffnung, dass es auch vom Bundeskanzler Unterstützung gebe.

Dass in einer Umfrage mehr als die Hälfte der Befragten nicht nur den Inhalt, sondern auch seine Wortwahl für richtig empfunden hätten, sei "ernst", meinte Treichl. In Österreich gebe es unzählige Unternehmer, ehemalige Politiker, Wissenschaftler, Rechnungshofmitarbeiter oder Richter, die sich über den Stillstand ärgerten. Die meisten seien eben höflicher als er, sagte Treichl. "Die sagen nicht zu feig und zu blöd." Er bitte aber die Politik, diese Menschen nicht mehr zu ignorieren.

Erste will Staatshilfe zurückzahlen
Der Erste-Chef bekräftigte in der Bankzentrale erneut seine Absicht, die Staatshilfe - 1,2 Milliarden Euro Partizipationskapital - vor Ablauf des ersten Halbjahrs zurückzuzahlen. Möglicherweise beschleunigten sich die Verhandlungen jetzt. Er beiße nicht die Hand, die ihm etwas gegeben habe, so Treichl. Denn da habe es keine "Fütterer" und keine "Gefütterten" gegeben.

Dem Vernehmen nach verzögerte sich die seit Längerem angekündigte vorzeitige Rückzahlung der 1,2 Milliarden (plus Zinsen) aber bisher nicht wegen der Erste Bank, sondern eher wegen der Politik. Vom Finanzministerium würden immer neue bürokratische Hürden aufgebaut, hieß es am Mittwoch aus Erste-Kreisen gegenüber der "Krone". Politisch ist mit einer Schuldnerbank einiges zu holen. So kann man Treichl, solange er am vielzitierten "Staatstropf" hängt, weiterhin bei Kritik vorhalten, er werfe im Glashaus mit Steinen.

Finanzministerium gibt "keine Kontonummer" her
Bei der Staatshilfe geht es für beide Seiten um viel Geld, denn für jeden Monat, das die Erste Bank der Republik Geld schuldet, erhält diese rund acht Millionen Euro. Weil die "Staatshilfe" mit acht Prozent verzinst wird, will die nun wieder flüssige Bank diese so rasch wie möglich zurückzahlen. Auf informelle Schreiben habe das Ministerium zwar reagiert, doch es müssen auch Finanzmarktaufsicht, Finanzprokuratur und Bundeskanzleramt eingebunden werden.

Es habe einen bürokratischen Hürdenlauf mit regem Schrift- und E-Mail-Verkehr über die Rückzahlungsmodalitäten gegeben, hieß es gegenüber der "Krone". Unterm Strich bleibe, dass der Ersten seit Monaten nicht möglich sei, "eine Kontonummer oder ein Antragsformular zu bekommen", um einzahlen zu können. Möglicherweise verzögert sich die Entscheidung aber auch nur durch den kürzlich erfolgten Führungswechsel im Finanzministerium.

Treichl: Republik hat gutes Geschäft gemacht
Bei der Pressekonferenz am Donnerstag wollte Treichl nicht explizit erläutern, woran es sich noch spießt. Er wolle auch keine Böswilligkeit unterstellen, dass man womöglich noch länger Zinsen von seiner Bank kassieren wolle. Die Böswilligkeit, so sinnierte Treichl, sei eher am Anfang passiert, als schon für eine Zeit Zinsen kassiert worden seien, in der das Geld noch gar nicht da war.

Die Republik habe ein gutes Geschäft gemacht, rechnete Treichl vor. Für die Erste habe der Staat 1,223 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufgenommen und dafür 118 Millionen Zinsen (Zinssatz von 3,2 Prozent p.a.) gezahlt. Die Erste habe von 2009 bis 2011 insgesamt 294 Millionen Euro Zinsen gezahlt (8 Prozent p.a.), dazu ein Garantieentgelt von 103 Millionen Euro - macht zusammen knapp 400 Millionen. "Es hat kein Steuerzahler in diesem Land irgend einen Schaden von der Erste Group und den Sparkassen gehabt."

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