Foda im Interview

“Fünf Jahre nach Konkurs wäre Titel absolute Sensation”

Sport
19.05.2011 11:07
Franco Foda war mit Sturm Graz als Spieler 1998 und 1999 österreichischer Meister. Nun greift der 45-jährige Deutsche auch als Trainer mit den "Blackies" nach dem Teller, nachdem er sie im Vorjahr bereits zum Cup-Sieg geführt hat. Im Interview erklärt Foda seine Trainer-Philosophie, spricht über seine bisherigen Titel und dass er sich vorstellen kann, auch nach Ende seines aktuellen Vertrages im Jahr 2012 weiterhin Sturm zu betreuen - und stellt klar: "Nach dem Konkurs vor fünf Jahren wäre dieser Titel eine absolute Sensation."

Jahr für Jahr schafft es Sturm unter Ihrer Führung, trotz Abgängen von wichtigen Spielern, eine schlagkräftige Truppe zu formen. Wie gelingt Ihnen das, was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Franco Foda: Wichtig ist, dass, wenn man Spieler abgeben muss, man im Vorfeld gewappnet ist und damit schon Alternativen bereit hat. Und dann ist es wichtig, dass man in der Transferperiode Spieler findet, die sportlich, menschlich und charakterlich zum Verein passen. Und da darf man sich natürlich keine Flops erlauben - das ist uns in den letzten Jahren relativ gut gelungen.

In der Übertrittszeit hatte man stets ein gutes Händchen. Das spricht auch für Sportdirektor Oliver Kreuzer. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit ihm? Wie groß ist sein Anteil am aktuellen Sturm-Höhenflug?
Foda: Bei uns ist das so, dass wir ständig miteinander kommunizieren und arbeiten. Ich habe meine Wünsche und Vorstellungen, wie eine Mannschaft aussehen muss. Die gebe ich natürlich meinem Sportdirektor weiter. Und er probiert dann, diese in den finanziellen Rahmenbedingungen umzusetzen. Das ist ihm in den letzten Jahren immer gut gelungen.

Sturm gilt also gewissermaßen als "Ausbildungsverein", wird es dabei auch in Zukunft bleiben?
Foda: Daran wird sich bei uns nichts ändern. Es gibt da zwei Varianten. Die eine Variante ist die, dass man aus der eigenen Jugend Spieler ausbildet und probiert, diese nach oben zu bringen. Wenn die dann die nötige Qualität haben, wie ein Leitgeb, Säumel, Beichler oder Jantscher, dann probieren sie den nächsten Schritt und wechseln den Verein. Und dann gibt es die zweite Variante, Spieler zu uns zu holen, die vielleicht woanders nicht funktioniert haben, aber Potenzial besitzen, wie zum Beispiel ein Kienast, Szabics oder Schildenfeld. Und diese Spieler probieren wir, wieder nach oben zu bringen. Aber man muss natürlich damit rechnen, dass Spieler wie ein Kienast oder Schildenfeld, die noch nicht so alt sind, auch wieder den Verein wechseln, wenn sie gut spielen. Das ist halt unsere Aufgabe, das wissen wir, und deshalb wird es immer wieder große Fluktuation geben.

Wie viel haben Sie für Ihre Trainertätigkeit von Ivica Osim gelernt? War er als langjähriger Sturm-Trainer ein Vorbild für Sie - oder hatten Sie andere?
Foda: Vorbilder habe ich generell keine gehabt. Ich denke, dass es wichtig ist, dass man eine eigene Identität hat und authentisch ist. Das probiere ich rüberzubringen.

Sie waren als Spieler bei den bisher einzigen Sturm-Meistertiteln 1998 und 1999 dabei. Seither hat sich viel im Verein verändert, was sind die größten Unterschiede?
Foda: Damals, Ende der 90er Jahre, war es natürlich so, dass Sturm nicht jeden, aber viele Spieler bekommen hat. Sie haben damals Schupp geholt, mich, Minavand, Angibeaud, Juran oder Fleurquin - das waren alles ausländische Nationalspieler. Wir waren in der Lage, große Ablösesummen zu zahlen. Und das ist jetzt nicht mehr der Fall. Jetzt ist es so, dass wir auf junge, talentierte Eigenbauspieler setzen und auf Spieler, die keine Ablöse kosten. Das ganze Finanzielle hat sich gegenüber damals verändert, weil wir in Konkurs waren und deswegen generell vorsichtiger geworden sind. Das ist auch richtig so, denn man darf nie vergessen, die Leute im Vorstand haften dafür. Mit diesen Möglichkeiten, die einem zur Verfügung stehen, muss man das Optimum rausholen, das ist das Wichtigste.

Welcher ihrer bisherigen Titel war für Sie der schönste, gibt es da einen ganz speziellen?
Foda: Nein, jeder Titel hatte seine eigene Geschichte, und jeder Titel war reizvoll. Wir haben zum Beispiel mit Kaiserslautern im deutschen Cup-Finale gegen Bremen gewonnen. Das war unvorhersehbar, deswegen war das ein enormer Titel. Und der erste Meistertitel mit Sturm war unglaublich. Was damals los war in der Steiermark, das wird man nie vergessen, das war toll. Und der Cup-Sieg als Trainer hier war natürlich auch einzigartig, weil 25.000 unserer Fans mit nach Kärnten gefahren sind. Das war unglaublich, das habe ich in dieser Art noch nicht erlebt.

Wäre aber der Titel mit Sturm als Trainer trotzdem noch bedeutender für Sie?
Foda: Als Trainer ist es schon ein Unterschied gegenüber einem Spieler, mit einem Klub Meister zu werden, weil als Trainer trägst du die komplette Verantwortung für eine gesamte Mannschaft. Und auch die Tatsache, dass man mit einem Verein als Spieler und als Trainer Meister wird, ist sicher was Besonderes. Aber ich glaube, dass generell für die Steiermark, für den ganzen Verein Sturm Graz nach diesem Konkurs vor fünf Jahren dieser Titel absolut eine Sensation, etwas ganz Besonderes wäre. Und er wäre sicher weit höher einzuschätzen als der Erfolg damals Ende der 90er, weil es jetzt einfach nicht vorhersehbar war und weil jetzt einfach die Möglichkeiten ganz andere sind als damals.

Ist es mit so einem Budget - angeblich wieder nur elf Millionen für die nächste Saison - möglich, in die Champions League einzuziehen?
Foda: Diese Dinge haben mir noch wenig Kopfzerbrechen bereitet, weil ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir uns jetzt auf die letzten zwei Spiele fokussieren. Das ist das Allerwichtigste, alles Weitere wird man dann sehen - wie die Mannschaft ausschaut, in welcher Konstellation wir in die neue Saison gehen.

Ihr Name wird immer wieder genannt, wenn es um den ÖFB-Teamchefposten geht oder Trainer in der deutschen Bundesliga - jüngstes Stichwort Eintracht Frankfurt - gesucht werden. Welche Ziele haben Sie noch?
Foda: Ich habe bei Sturm einen Vertrag bis 2012, und im Moment gibt es keine andere Überlegung für mich. Aber Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, da weiß man manchmal heute nicht, was morgen passiert. Aber mit mir hat bisher noch kein anderer Verein gesprochen, deshalb habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es ist natürlich gut, wenn man irgendwo im Gespräch ist, aber das sind ja immer mehrere Trainer. Generell sollte jeder Trainer wie auch als Spieler das Ziel haben, in einer der besten Ligen der Welt zu trainieren - und das sind die in Italien, Spanien, England und Deutschland. Aber man muss natürlich auch Realist bleiben und wissen, dass es da viele Trainer gibt und wenige Posten. Aber Ziele soll man ja trotzdem haben und sich ja trotzdem stecken.

Sie sind jetzt schon 14 Jahre bei Sturm. Gibt es da nicht irgendwann gewisse Abnützungserscheinungen?
Foda: Nein, sonst wäre ich nicht so lange hier. Und auf dem Spielersektor ändert sich die Mannschaft ja immer, da gibt es sicher keine Abnützung. Der Trainerjob macht Spaß, egal wo man arbeitet und wie lange man arbeitet. Bei mir ist alles möglich, ich kann vielleicht noch länger hier in Graz bleiben. Es ist ja immer wieder reizvoll, auch eine neue Mannschaft aufzubauen, die dann wieder erfolgreich ist. Es gibt ja immer wieder Reize im Fußball, egal auf welcher Ebene - und das macht ja auch den Job so interessant.

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(Bild: KMM)



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