Nächste Spritze?

Griechenland soll zusätzlich 60 Mrd. Euro erhalten

Ausland
10.05.2011 11:06
Nach dem Hilfspaket von Eurostaaten und Internationalem Währungsfonds in Höhe von 110 Milliarden Euro für Griechenland kann Athen einem Medienbericht zufolge in Bälde mit zusätzlichen Hilfen von 60 Milliarden Euro rechnen. Das neue Paket werde im Juni beschlossen, berichtete die Nachrichtenagentur Dow Jones unter Berufung auf einen hochrangigen griechischen Regierungsvertreter am Dienstag.

Den Angaben der Agentur mit Hauptsitz Frankfurt am Main zufolge sollen die zusätzlichen Hilfen den Finanzierungsbedarf des Landes im kommenden Jahr in Höhe von 27 Milliarden Euro und von 2013 in Höhe von 32 Milliarden Euro decken. Griechenland werde möglicherweise Vermögenswerte in Staatsbesitz als Absicherung anbieten.

Griechenlands Bonität erneut herabgestuft
Auch wenn ein Vertreter des griechischen Finanzministeriums den Bericht am Dienstag zurückwies, wurden die Hinweise auf eine weitere Hilfsaktion für den hoch verschuldeten Staat schon am Montag immer konkreter. Während die Ratingagentur Standard & Poor's Athens Kreditwürdigkeit weiter herabstufte und die Agenturen Fitch und Moody's dies ebenfalls planen, wird hinter den Kulissen überlegt, Athen 2012 erneut zur Seite zu stehen, wie aus EU-Kreisen zu erfahren war. Ein möglicher Austritt Athens aus der Euro-Zone wurde am Montag erneut dementiert.

Eigentlich sollte Griechenland im kommenden Jahr wieder an die Finanzmärkte zurückkehren und sich dort selbst Geld leihen. Da die Zinsen auf griechische Anleihen aber immer neue Höchststände erreichen, scheint dies ausgeschlossen. Dass Standard & Poor's ihre Note um zwei Stufen auf B herabstufte, markierte einen weiteren Rückschlag. Die Ratingagentur begründete dies mit der gestiegenen Wahrscheinlichkeit einer Umschuldung Griechenlands. Die griechische Regierung kritisierte dies scharf und stellte die Glaubwürdigkeit von S&P in Frage. Es gebe keine neuen Entwicklungen, die zu einer Verschlechterung der Lage beigetragen hätten, erklärte das Finanzministerium.

IHS-Felderer glaubt an teilweisen Schuldenerlass
Der Leiter des Instituts für Höhere Studien, Bernhard Felderer, glaubt, dass es im Fall Griechenland nicht ohne teilweisen Schuldenerlass gehen wird, obwohl dies "immer die letzte Möglichkeit" sein sollte. Besser wäre es, die Staatsschulden des Landes zu strecken, ohne zu erlassen, "das geht aber hier glaub ich nicht", sagte der IHS-Chef am Montagabend im ORF.

Für denkbar hält Felderer einen Ersatz griechischer Staatspapiere durch ein international gehandeltes Papier, das durch den europäischen Stabilitätsmechanismus garantiert wird, also etwa auch von Deutschland. Diese Papiere hätten dann eine geringere Verzinsung, "aber jeder wird froh sein, wenn er ein griechisches Papier dahin eintauschen kann". Dehne man das auf einen langen Zeitraum von 20, 30 Jahren aus, sei schon denkbar, dass Athen dies zurückzahlen könne.

"Euro-Austritt wäre für alle Seiten nicht verkraftbar"
Einen Austritt aus dem Euro und die Einführung einer neuen Währung würde weder Griechenland noch das europäische Bankensystem verkraften, gab der IHS-Chef zu verstehen. "Wenn die austreten, muss man bedenken, sie haben dann eine neue Währung - die sofort abgewertet würde." Die Schulden des Landes - in Euro - würden aber drastisch steigen: Sie würden sich verdoppeln, wenn die Währung auf die Hälfte abgewertet werde. Und die Banken in Europa wären angesichts ihrer großen Mengen griechischer Staatspapiere ebenfalls sofort betroffen. "Der gesamte Bankenapparat würde kollabieren."

Ein "Auseinanderbrechen" der Eurozone hält der IHS-Chef für "sehr unwahrscheinlich". Der Euro sei doch sehr hoch bewertet, etwa gegenüber dem Dollar, die gemeinsame europäische Währung werde also "nicht gemieden". Man dürfe nicht vergessen, dass die Probleme nur einige kleine Länder beträfen, derzeit drei, eventuell komme irgendwann noch ein viertes hinzu. Portugal sei ähnlich wie Griechenland ebenfalls ein Problemfall, "aber weniger schlimm als Griechenland". Resümee Felderers: "Nein, ich mach mir keine Sorgen um den Euro."

Nowotny: Schuldenschnitt würde Krise verschärfen
Österreichs Notenbank-Gouverneur EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny ist gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland. Eine solche Maßnahme "würde die Krise verschärfen", sie hätte sofort massive Rückwirkungen auf die Bankensysteme nicht nur Griechenlands, sagte Nowotny am Dienstagmorgen im ORF-Radio. Ein Schuldenschnitt werde auch von der EU und der EZB ausgeschlossen, so Nowotny. Neue Kredite müsse es für das Land nicht geben, es könnte auch der Zeitraum für Rückzahlungen gestreckt werden. Griechenland müsse ja im nächsten Jahr 25 bis 30 Milliarden Euro Rückzahlung leisten, erinnerte Nowotny, doch gebe es starke Hinweise, dass das vom Land nicht marktmäßig geleistet werden könne.

Die bisherige internationale Hilfe für Griechenland sei "richtig konzipiert", sagte das EZB-Ratsmitglied. Allerdings habe man "die Tiefe des Problems von Griechenland unterschätzt", etwa gewisse Strukturprobleme wie beispielsweise eine schlechte Steuereinhebung. In Griechenland habe es lange Zeit Versäumnisse gegeben, das Land habe über seine Verhältnisse gelebt. Jetzt gehe es darum, einen Strukturprozess einzuleiten, um das wieder zu korrigieren. Den ersten Schritt müsse jetzt einmal Griechenland selbst setzen. "Erst wenn man hier eine klare Sicht hat, dann muss man überlegen, ob eventuell noch zusätzliche Ergänzungen zum bestehenden Programm notwendig sind", so Nowotny. Das könne aber erst in den kommenden Wochen richtig beurteilt werden.

Fekter erteilt etwaiger Umschuldung "totale Absage"
Die neue Finanzministerin Maria Fekter drängt Griechenland zu Reformen. Einer etwaigen Umschuldung erteilte sie am Dienstag eine "totale Absage": "Das bringt überhaupt nichts, sonst gibt es keinen Druck für Reformen." Bei der nächsten Runde im Rat der Finanzminister soll über die Situation in Griechenland beraten werden. "Internationale Hilfe ist klar an Reformschritte gebunden", so Fekter. Man könnte bei Schwierigkeiten mit dem Zeitplan diesen etwas verlängern oder sich anschauen, wie man mit den hohen Zinsen umgeht. Reformen müssen eingemahnt werden, dann könnten gewisse Privatisierungen angegangen werden.

Ein Austritt aus dem Euroraum wäre jedenfalls laut Fekter ein "ziemlicher Unsinn". Dieser wäre auch juristisch nur schwer möglich. Griechenland müsste zuvor aus der Europäischen Union austreten, und das könne keiner wollen. "Das ist nicht wirklich sinnvoll", meinte die Finanzministerin. Auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hält von einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone "gar nichts". Wie er am Dienstag erklärte, sei die EU keine "Schönwetter-Gemeinschaft", sie müsse Probleme bewältigen. Mitterlehner zeigte sich recht sicher, dass das gelingen wird.

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