Steuern und Co.

Fekter über ihre Reformziele und Privatisierungen

Österreich
06.05.2011 21:04
Finanzministerin Maria Fekter sieht die Steuerschraube in Österreich derzeit "ausgereizt": "Mit 41,3 Prozent Steuersatz liegen wir deutlich über dem EU-Schnitt, der 34,2 Prozent beträgt. Wir können die Leistungsträger nicht noch mehr belasten. Zehn Prozent der Lohnsteuerpflichtigen bezahlen 50 Prozent des gesamten Lohnsteueraufkommens", sagt sie im Gespräch mit der "Krone". Experten aus Nationalbank, Industrie und Wirtschaftsforschung drängen derweil zwecks Schuldenabbaus auf Privatisierungen - 25 Milliarden Euro könnten damit aufgebracht werden.

Dem steuerzahlenden Mittelstand stehen 2,7 Millionen in Österreich gegenüber, die gänzlich von der Steuerpflicht (wegen geringer Einkommen) befreit sind. Fekter: "Wir müssen längerfristig den Mittelstand wieder entlasten." Denn dieser sei derzeit mehrfach benachteiligt. "Diese Leute fallen in die steigende Progression, die bekommen keine öffentlichen Unterstützungen, und die zahlen auch noch die Wertpapier- und Sparbuch-KESt."

Von der Einführung einer Vermögensteuer hält Fekter nichts: "Wer das will, soll dazusagen, dass die Finanz dann in der Privatsphäre aller Steuerzahler stöbern müsste" - gemeint sind Vermögens-Schätzungen bei Häusern, Grundstücken, etc., wenn z.B. ab einer Million Euro Vermögen die Steuer fällig werden soll. 

Privatisierungen? Fekter zweifelt, dass sparen allein reicht
Positiv hingegen steht Fekter im "Krone"-Interview zu weiteren Privatisierungen: "Mit Sparen allein werden wir die Schuldenberge der Vergangenheit nicht abtragen können." Damit rennt die neue Finanzministerin bei Wirtschaftsforschern sowie Experten aus Nationalbank und Industrie offene Türen ein. Die orten bei Staatsunternehmen durch einen Rückzug der öffentlichen Hand auf eine sogenannte Sperrminorität ein Potenzial von 25 Milliarden Euro, ohne dass der Bürger eine Leistungsverlust bemerke.

Durch private (Mit-)Eigentümer wurden schon viele marode Staatsbetriebe zu profitablen Konzernen. Außerdem haben nicht nur der Bund (AUA, Voest), sondern auch die Länder ausreichend bewiesen, wie schädlich politischer Einfluss für ein Unternehmen ist (Stichwort: Flughafen Wien, Hypo Alpe Adria). Der vor allem von "Blockierern" aus Gewerkschaft und Arbeiterkammer erhobene Vorwurf vom "Ausverkauf" des Familiensilbers lasse sich entkräften: Dort, wo es öffentliches Interesse gibt (Energieversorger, Infrastruktu-Unternehmen), solle die öffentliche Hand (oder ein österreichischer Kernaktionär) beteiligt bleiben.

Leitl: Zinskosten übersteigen Dividenden
WKO-Präsident Christoph Leitl meint gegenüber der "Krone": "25 Prozent und eine Aktie wären genug. Die Konzernzentralen müssen in Österreich bleiben." Das Argument, der Staat verzichte bei Privatisierungen dauerhaft auf die Divenden, die er als Eigentümer erhält, weist Leitl zurück: "Das ist eine falsche Rehnung, die Kapitalkosten für unsere Schulden sind viel höher." Die Republik bezahlt derzeit jährlich zehn Milliarden Euro an Zinsen.

Das größte Potenzial für Privatisierungen gibt es in der Strombranche, wo derzeit die öffentliche Hand zwischen 51 und 100 Prozent an den Versorgern hält. Auch Bundesimmobiliengesellschaft und Bundesforste bergen ein Milliardenpotenzial. Den Ländern gehören auch zu 100 Prozent die Bundesländer-Flughäfen, fast alle Städte haben eigene Wohnbaugesellschaften. Eine Milliarde käme etwa auch aus einem Teilverkauf der Münze Österreich.

Die Alternativen? Strukturreformen, für die allerdings der politische Wille fehlt - und Steuererhöhungen, die angesichts der bestehenden Rekordbelastung kaum durchsetzbar sind, und gegen die sich Fekter ja ausspricht. Scharf durchgreifen will die Ministerin in Steuersachen übrigens in zwei Punkten: gegen Steuerbetrüger und Scheingeschäfte. "Da sollen 600 Millionen Euro nicht einbringlich sein, da schauen wir nicht zu!", so Fekter.

Georg Wailand und Manfred Schumi (Kronen Zeitung) und krone.at

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