Mafia-Abreibung?

Bewaffnete Slowaken überfallen Chefinspektor

Wien
06.05.2011 15:15
Eine Prügelattacke sorgt derzeit bei der Wiener Polizei für Aufregung. Der suspendierte Chefinspektor Franz P. wurde von einer Bekannten in eine Wohnung in Wien-Donaustadt gelockt und dort von einem slowakischen bewaffneten Rollkommando attackiert, wie die Bundespolizeidirektion Wien am frühen Freitagnachmittag bestätigte. Der ehemalige Ermittler war erst im Februar dieses Jahres wegen Amtsmissbrauchs in Zusammenhang mit dem sogenannten "Cappuccino-Mord" und Freundschaftsdiensten für einen Unterwelt-König nicht rechtskräftig verurteilt worden.

Donnerstag, 13.45 Uhr, in einer Wohnhaus-Siedlung in der Podlahagasse im 22. Wiener Gemeindebezirk: Der ehemalige Kriminalbeamte Franz P. parkte sich vor dem Haus Nummer 5 ein, dem Domizil von Olga K., einer gebürtigen Slowakin, die vor rund zwei Monaten in die Nachbarschaft gezogen war. Telefonisch wurde der Ex-Polizist hierher bestellt - es soll um Geschäfte rund um Schmuck und Barem in der Höhe von bis zu 150.000 Euro gegangen sein, wie die "Krone" erfuhr.

Mit Schlägen und Tritten traktiert
Was Franz P. jedoch nicht wusste, war, dass es sich um eine Falle handelte. Kaum aus seinem Wagen gestiegen, wurde er bereits von vier maskierten Männern erwartet. "Plötzlich hörte ich laute Hilfeschreie und lief in den Garten. Dann sah ich, wie muskulöse Typen einen Mann am Boden die Einfahrt hinauf bis zur Eingangstür schleiften. Ich rief sofort die Polizei", so die Vis-à-vis-Nachbarin bei einem "Krone"-Lokalaugenschein.

Der 53-Jährige konnte sich mit einem Sprung aus dem Fenster vor seinen Widersachern retten und überstand den Angriff mit Rippenbrüchen sowie Kopf- und Gesichtsverletzungen. Olga K. und einer der Schläger wurden noch am Tatort festgenommen. Beide gaben sich in den Einvernahmen bisher wenig gesprächig. Die Frau dürfte nicht nur dem Chefinspektor, sondern auch der Polizei in Zusammenhang mit höhergradig organisierten Deliktsformen bekannt sein.

Verbindung zu "Cappuccino-Mord"?
Spekulationen, wonach der Überfall mit dem Mord im Hernalser Café "Cappuccino" zusammenhängen könnte (siehe Infobox), wurden in Ermittlerkreisen am Freitag eher skeptisch beurteilt. Dort war am 30. Mai 2006 ein Lokalbesucher getötet und ein weiterer schwer verletzt worden. Franz P. war auch wegen seiner Ermittlungen in diesem Fall angeklagt worden. Für den Schöffensenat war es dann erwiesen, dass der Polizist in dem Fall eine wesentliche Zeugenaussage nicht der Justiz weitergeleitet habe, indem er das Protokoll nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub vernichtete.

Freundschaftsdienste für Unterwelt-König
Eine andere Zeugin in dieser Sache soll er demgegenüber nach seiner Suspendierung im Februar 2008 zu später Stunde an einem abgelegenen Fußballplatz getroffen und ihr eingeschärft haben, keinem von dieser Begegnung zu erzählen. Das wurde ihm vor Gericht als Bestimmung zur falschen Zeugenaussage ausgelegt.

Gleich serienweise schuldig erkannt wurde der 53-Jährige wegen diverser Freundschaftsdienste für den Unterwelt-König Dragan J. alias Repic ("Zopf"), den er als Vertrauensperson führte. Unter anderem soll er zweimal Uniformierte angewiesen haben, Repics Nachtlokal "No Name" nicht mehr zu kontrollieren, und dem Kriminellen einen Haftbefehl verraten haben.

Weitere Anschuldigungen: Repics Schwester soll er im Polizeianhaltezentrum aufgesucht haben, um sie dazu zu bringen, einen Pachtvertrag zugunsten ihres Bruders zu unterschreiben. Als ein anderer Rotlicht-Wirt das "No Name" übernehmen wollte, setzte der Beamte diesen laut Urteil so unter Druck, dass der Mann von seinem Vorhaben zurücktrat. Der suspendierte Chefinspektor soll zudem während seiner Dienstzeit mehrfach ein Casino an der tschechischen Grenze besucht und damit die Republik - unter der 3.000-Euro-Grenze - geschädigt haben.

Staatsanwalt legte Berufung ein: Urteil zu mild
Gegen das Urteil zu 18 Monaten bedingt wegen Amtsmissbrauchs in sechs Fällen, Nötigung unter Ausnützung seiner Amtsstellung, Verletzung eines Amtsgeheimnisses, Betrugs und versuchter Bestimmung zur falschen Zeugenaussage ging der Staatsanwalt in Berufung und meldete Nichtigkeitsbeschwerde an. Es fiel ihm bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren zu mild aus. Wird der Beamte rechtskräftig zu einer mehr als zwölfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, bedeutet das automatisch den Amtsverlust.

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