Zwanzig Jahre nach dem vermeintlichen Tod von Neo und Trinity kehren wir zurück in eine Welt mit zwei Realitäten: In der einen lebt Thomas Anderson (Keanu Reeves) sein synthetisches Leben in der Matrix - und in der anderen beherrschen die Maschinen immer noch nicht die Erde. Auch wenn „Matrix Resurrections“ (ab 23.12. im Kino) nicht wie das Original die Filmwelt revolutioniert, ist Regisseurin Lana Wachowski ein unterhaltsamer Meta-Trip über die Matrix-Trilogie selbst und Hollywoods Obsession mit Fortsetzungen und Blockbustern im Allgemeinen gelungen.
Die visionäre Filmemacherin Lana Wachowski, diesmal ohne Schwester Lilly, präsentiert mit „Matrix Resurrections“ das nächste Kapitel der wegweisenden Filmreihe, die vor mehr als 20 Jahren ein ganzes Genre neu definiert hat. Der vierte Film führt die Original-Hauptdarsteller Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss in ihren legendären Rollen als Neo und Trinity wieder zusammen.
Reeves schlüpft erneut in die Doppelrolle von Thomas Anderson/Neo - jenem Mann, der einst aus der Matrix befreit wurde, um die Menschheit zu retten. War der Auserwählte eigentlich am Ende von „Matrix Revolutions“ gestorben, begegnen wir ihm hier wieder unter den Lebenden, jedoch wieder als Gefangenen im grauen Alltag der programmierten Unwirklichkeit der Matrix.
Und täglich grüßt die blaue Pille
Thomas schluckt brav jeden Tag die blauen Pillen, die ihm sein Therapeut (Neil Patrick Harris, TV-Serie „How I Met Your Mother“) verschrieben hat - und der ganz und gar nicht unauffällig auch noch eine grellblaue Brille trägt. Thomas‘ Abenteuer in der Matrix sollen sich nur in seinem Kopf abgespielt haben, was mit Nervenzusammenbruch und Selbstmordversuch endete. Doch Visionen aus dieser anderen Realität lassen ihn nicht los und nachdem er die ihm so vertraut wirkende Frau namens Tiffany (Carrie-Anne Moss) kennengelernt hat, beginnt sich seine enge Welt erneut zu öffnen.
Ohne zu viel verraten zu wollen, ist der Film, der sich aus dieser Ausgangslage entfaltet eine Geschichte über das Erbe von Neo und Trinity - und im weiteren Sinne über das Erbe der „Matrix“-Filmreihe selbst. Ein Film also als wahrer Meta-Trip, wenn die Matrix in der Matrix immer wieder erwähnt wird, ja sogar Bilder aus der Trilogie zu sehen sind, und das nicht nur in Neos Visionen.
Willkommen im Meta-versum der Matrix
Thomas Anderson ist jetzt Videospiele-Designer, der für eine der erfolgreichsten Spiele-Trilogien aller Zeiten - richtig geraten: „Matrix“ - verantwortlich zeichnet. Damit nicht genug, hat Thomas auf seinem Schreibtisch eine Action-Figur von Trinity stehen und auf seinem Bildschirm leuchtet das bekannte, grüne Code-Logo der „Matrix“-Reihe aus unserer Realität. Vielsagend für den weiteren Handlungsverlauf auch der Titel seines neuen Spiels: Binary, auf Deutsch die Zweiheit.
Meta-Szenen wie jene, in denen ein Kollege beklagt, dass „unsere geliebte Muttergesellschaft Warner Bros. eine Fortsetzung der Trilogie machen wird. Mit oder ohne unsere Beteiligung“ sorgen im ersten Drittel des Films für überraschend viele Lacher. Thomas‘ Geschäftspartner (Jonathan Groff, Netflix-Serie „Mindhunter“) wiederum zitiert mit einem entwaffnenden Lächeln einen der berühmten Sager von Agent Smith, der Nemesis von Neo, und heißt wohl auch nicht zufällig Smith.
Noch mehr meta gefällig? Die Widerstandskämpferin namens Bugs (Jessica Henwick, „Star Wars Episode VII: Das Erwachen der Macht“) beobachtet einen Polizeieinsatz, bei dem eine in hautenges Latex gekleidete Frau - die natürlich sofort an Trinity erinnert - von Polizisten in einem heruntergekommenen Hotelzimmer umstellt wird. Vor Bugs‘ Augen (und den Augen der Zuseher im Kinosaal) spielt sich daraufhin jene berühmte Szene aus Teil 1 ab, die uns zum ersten Mal in die Welt der Matrix eintauchen ließ. Déjà-vu!
Doch nicht alles läuft dann auch exakt so ab, wie es Bugs und der Zuschauer im Kino sich erwarten. Das gilt auch für einen weiteren Kult-Charakter aus dem Original, Morpheus, der ebenfalls ganz und gar nicht das ist, was man zunächst glauben mag. Nicht mehr von Laurence Fishburne sondern vom jüngeren Yahya Abdul-Mateen II („Aquaman“, „Candyman“) gespielt, ist Neos einstiger Mentor auf einer besonderen Selbstfindungsreise und hat seine ganz eigene Bestimmung zu erfüllen.
Erfrischend mutiger Start und konventionelles Ende
All das passiert und noch viel mehr passiert im ersten Drittel des Films und macht „Matrix Resurrections“ zu einem wirklich durchgeknallten Film, mit dem Regisseurin Wachowski Dinge wagt und sagt, die man bei einem Blockbuster dieser Größenordnung so noch nicht erlebt hat. Eine erfrischende, berührende, überraschend lustige - und zugleich ziemlich frustrierende Fortsetzung, wenn sich die Handlung letztlich doch wieder aus freien Stücken in das enge Korsett des konventionellen Hollywood-Actionkinos zwängt. Hatten Film und Filmemacher überhaupt eine andere Wahl?
Man kann es auch so beschreiben: Strotzt der vierte Trip in die Matrix zu Beginn nur so vor Selbstbewusstsein, ist am Ende von dieser Aufbruchstimmung in eine schöne neue Matrix nicht mehr viel übrig. Alles wirkt etwas oberflächlich und nichts im Film fühlt sich an, als ob es von großer Bedeutung wäre. Anders als die Action, die zwar technisch gut umgesetzt ist, aber niemanden wie bei „Matrix“ vor mehr als 20 Jahren vom Hocker reißen wird, funktioniert eines auch zwei Jahrzehnte später noch: das Duo im Mittelpunkt der Geschichte, Neo und Trinity.
Neo und Trinity werden Fans begeistern
Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss hauchen den Figuren und ihrer alles überwindenden Liebe erneut das Gefühl zärtlicher Zweisamkeit inmitten von Maschinengewehr-Salven, explodierenden Autos und einer Überzahl an Gegnern ein. Da sagt ein Blick mehr, als alle Worte und wird bei vielen Fans für strahlende Gesichter im Kinosaal sorgen. Reeves und Moss machen jedenfalls deutlich, warum Neo und Trinity verdienterweise zu DEN Kult-Paaren der modernen Filmgeschichte zählen.
„Nichts besänftigt die Angst wie ein wenig Nostalgie“, um abschließend den neuen Morpheus zu zitieren! Ob die Matrix nach Teil 4 nochmal „Reloaded“ wird, diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet.
Kinostart von „Matrix Resurrections“: 23. Dezember.
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