'Besinnung und Stille'

Oster-Gespräch mit Innsbrucks Bischof Manfred Scheuer

Tirol
22.04.2011 10:34
Es herrscht eine fast heilige Stille am Domplatz 5, Arbeits- und Wohnsitz des Innsbrucker Diözesanbischofs Manfred Scheuer. Keine Spur von vorösterlicher Hektik. Entspannt nimmt der Bischof auf der Sitzgarnitur in seinem kargen, aber funktionellen Empfangsraum Platz. Und am Tisch entzündet er selbstverständlich die Osterkerze. Wie verbringt er die Tage vor dem höchsten Feiertag, den die katholische Kirche kennt?

Scheuer: "Den Karfreitag nütze ich als Tag der Besinnung und Stille. Da habe ich auch keine offiziellen Termine, ich bereite mich auf die Liturgie vor. Und das Osterwochenende verbringe ich mit Gottesdiensten, Predigten. Ich besuche einige alte Leute. Am Ostersonntag bereitet unsere Haushälterin für mich, Generalvikar Jakob Bürgler und einige Gäste ein Festmahl vor. Am Abend gibt‘s noch die Vesper im Dom und das Agape."

Die "Osterferien" beginnen für einen Bischof erst nach den Feiertagen: "Da werde ich zwei Tage in die Berge gehen. Geplant ist eine Tour auf die Sennhütte." Worauf hat Bischof Scheuer in der Fastenzeit verzichtet? "Auf Alkohol. Ich habe auch versucht, einen geordneten Tagesablauf mit viel Stille und Gebet zu haben. Das ist wegen des Arbeitsanfalls leider nicht immer geglückt."

Bischof ging beichten
Und am Gründonnerstag war er auch noch beichten. Um Himmels Willen – was hat ein Bischof zu beichten, etwa, dass er bei der Messe am Messwein genippt hatte? "Nein, Kleinigkeiten, aber die fallen unter das Beichtgeheimnis", lächelt der Bischof.

Scheuer ist ein Katholik, der die Sorgen und Ängste der Menschen kennt. Und natürlich auch die Probleme, die unsere heutige, ach so moderne und schnelllebige Zeit mit sich bringt. Immer mehr Menschen haben psychische Probleme, suchen ihre Orientierung bei Sekten oder Gurus. Das wäre doch eine Möglichkeit für die Kirche, sich neu zu positionieren, diese Gestrandeten aufzufangen. Eine "Seelsorge" im wahrsten Sinne des Wortes.

"Das stimmt", sagt Scheuer. "Es leiden viele Leute unter psychischen Belastungen und Krankheiten. Die Fälle von Depressionen und Burn out sind bedenklich gestiegen. Aber die Kirche kann nicht für alle Bereiche zuständig sein. Es gibt ein Bündel von Verantwortlichen. Etwa Angehörige, die überfordert sind. Dazu gehört natürlich aber auch die Pfarrgemeinde, Freundesgruppen und selbstverständlich die Medizin und Psychotherapie. Unsere Seelsorger arbeiten auch im Bereich der Psychiatrie, sind aber oft schnell an ihren Grenzen des Helfenwollens. Ebenso wie die Medizin ihre menschlichen Grenzen hat."

"Beruf und die Arbeitswelt machen Menschen"
Scheuer lobt die an sich gute Kooperation von Seelsorge und Medizin. "Heutzutage macht der Beruf und die Arbeitswelt die Menschen krank. Psychische Erkrankungen sind vielfach das Spiegelbild unserer Gegenwart und der daraus resultierenden Defizite."

von Walther Prüller, Tiroler Krone

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