Nachgefragt

Bandion-Ortner: “Gesundheit und Familie gehen vor”

Österreich
16.04.2011 19:25
Sie gilt als Austauschkandidatin Nummer eins in der Regierung: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat gelernt, „nicht empfindlich“ zu sein, und will sich von Kritikern nicht beeindrucken lassen. Eine Bilanz.

„Krone“: Frau Minister, der designierte Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat angekündigt, sein Regierungsteam umzubauen. Was wird das Ihrer Meinung nach für Sie bedeuten?
Claudia Bandion-Ortner: In der kommenden Woche wird bekannt gegeben, wie das Regierungsteam Neu aussieht, und es gebietet der Anstand und der Respekt vor dem Vizekanzler, dazu nichts zu sagen. Der Chef, also der neue Chef im ÖVP-Regierungsteam, wird dies demnächst präsentieren.

„Krone“: Sie sind doch parteiunabhängig?
Bandion-Ortner: Das stimmt, aber ich sitze auf einem Ticket der ÖVP. Ansonsten wäre es nicht möglich gewesen, diese vielen Gesetze, die wir in den vergangenen zwei Jahren ins Leben gerufen haben, auch umzusetzen.

„Krone“: Josef Pröll hat Sie persönlich in sein Team geholt. Empfinden Sie seinen plötzlichen Abschied als schmerzhaft?
Bandion-Ortner: Wir hatten und haben den Sepp alle sehr gern, und daher waren wir wohl alle im Regierungsteam bei seinem Abschied etwas traurig. Er hat einfach ein optimistisches Wesen und so immer wieder für Aufheiterung gesorgt. Aber ich verstehe seine Entscheidung: Gesundheit und Familie gehen einfach vor.

„Krone“: Haben Sie jemals ans „Hinschmeißen“ gedacht?
Bandion-Ortner: Nein, in so einem Amt darf man nicht so denken.

„Krone“: Prallt die Kritik an Ihrer Person und Ihren Entscheidungen wirklich einfach an Ihnen ab?
Bandion-Ortner: Wenn man in die Politik geht, darf man nicht empfindlich sein. Am Anfang machte mir das sicher mehr Probleme, mittlerweile habe ich mir eine dickere Haut zugelegt.

„Krone“: Wie schädlich ist Politik für die Gesundheit und das Privatleben?
Bandion-Ortner: Man muss sich Pausen gönnen. Da ich Diabetikerin bin, achte ich ohnehin darauf, dass ich genügend Bewegung mache, und gehe daher zweimal die Woche ins Fitnessstudio und am Wochenende mit meinem Sohn im Wienerwald spazieren. Das ist auch für die Psyche gut. Diese Zeit muss sich jeder nehmen. Und gerade in Österreich ist es so, dass man auch als Minister seine Privatsphäre hat.

„Krone“: Apropos: Der ehemalige Minister Karl-Heinz Grasser fühlt sich einer „Medienhetze“ ausgesetzt, da seiner Meinung nach die Öffentlichkeit in ungebührendem Ausmaß mit Informationen versorgt wird. Wo verlaufen hier die Grenzlinien?
Bandion-Ortner: Es gehören immer jene Menschen besonders geschützt, die unverschuldet in die Situation kommen, dass sich die Öffentlichkeit für ihren Fall interessiert. Hier müssen wir Opfer und Angehörige schützen. Bei Fällen von öffentlichem Interesse haben die Menschen jedoch ein Recht darauf, über den aktuellen Ermittlungsstand informiert zu werden.

„Krone“: Wann ist ein Fall von öffentlichem Interesse?
Bandion-Ortner: Er ist es dann, wenn es eine Vielzahl an Geschädigten gibt, aber auch beispielsweise Verfahren nach dem NS-Verbotsgesetz zählen dazu. Hier hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, wie der Verfahrensstand ist und welche Schritte bisher gesetzt wurden. Deshalb möchte ich mich jetzt wöchentlich darüber informieren lassen.

„Krone“: Zum Thema Weisungsrecht: Was wollen Sie damit erreichen?
Bandion-Ortner: Ich habe gesagt, das Weisungsrecht soll auch in Zukunft stärker ausgeübt werden, wenn es bei Verfahren von öffentlichem Interesse gilt, Tempo zu machen. Dies dient auch dem Schutz der Staatsanwälte, damit nicht der Eindruck entsteht, es geht nichts weiter. Man kann sich nicht immer hinter dem Schutzmantel der Amtsverschwiegenheit verstecken, obwohl wir natürlich stets darauf achten, dass kriminaltaktische Gründe und Persönlichkeitsrechte berücksichtigt werden.

„Krone“: Aber die Hausdurchsuchungen etwa bei der Causa BUWOG sind ja nicht aufgrund Ihrer Weisung erfolgt?
Bandion-Ortner: Nicht direkt, aber in diesem Verfahren braucht es eine möglichst schnelle Enderledigung.

„Krone“: Warum hat es bisher so lange gedauert?
Bandion-Ortner: Es ist ja vieles geschehen. Alleine in der Causa BUWOG gab es 100 Zeugeneinvernahmen, 50 Beschuldigteneinvernahmen, 30 Kontoöffnungen und 40 Hausdurchsuchungen. Der zuständige Staatsanwalt ist wirklich sehr engagiert. Es sollte aber bald Erledigungen geben, zumindest bis Sommer in einem Teilbereich!

„Krone“: In welchem Teilbereich?
Bandion-Ortner: Das kann ich natürlich nicht sagen, weil wir die Rechte der Beschuldigten beachten müssen. Wir sind gerade dabei, den Begriff Amtsverschwiegenheit neu zu definieren und ihn zu verändern. Aber natürlich darf ich keine Details aus laufenden Verfahren verraten. Es soll ja niemand gewarnt werden.

„Krone“: Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu den Staatsanwälten und der Richtervereinigung beschreiben?
Bandion-Ortner: Als Minister ist man weder den Staatsanwälten noch den Richtern und auch nicht den Parteien verpflichtet, sondern den Menschen. Obwohl ich selber Richterin bin, muss ich ab und zu Dinge machen, also Weisungen erteilen oder Anordnungen treffen, die den Richtern und den Staatsanwälten nicht gefallen. Das ist wie bei Interessensvertretungen: Sie sind Teil der Demokratie, aber man muss immer das Gesamte im Auge behalten.

von Nadia Weiss, Kronen Zeitung

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