ÖVP-Neuaufstellung

Wer steht auf Spindeleggers Abschussliste?

Österreich
15.04.2011 07:10
Gleich bei seinem ersten Auftritt als designierter ÖVP-Obmann hat Neo-Vizekanzler Michael Spindelegger Donnerstagmittag für ein Rumoren in sämtlichen Verbänden der ÖVP gesorgt. Es werde "eine Reihe" von personellen Veränderungen in der Volkspartei geben. Bis 28. April will der 51-Jährige ein neues Regierungsteam aufgestellt haben, in dem vermutlich nicht nur der Posten des Finanzministers neu besetzt sein wird. Das große Rätselraten - wer steht auf Spindeleggers Abschussliste? - ist eröffnet.

Die möglichen Szenarien bei der Neuaufstellung der Volkspartei reichen vom kleinen chirurgischen Eingriff zur Nachbesetzung des Finanzministerpostens über eine mittelgroße Personalrochade im Regierungsteam bis zum Totalumbau mit der Neubesetzung mehrerer Schlüsselpositionen, zum Teil mit Quereinsteigern.

Wie die "Krone" aus Parteikreisen erfuhr, soll beispielsweise der Erwin-Pröll-Vertraute und durch den Inzestfall in Amstetten bekannt gewordene Anwalt Christoph Herbst die zuletzt immer unglücklicher agierende Justizministerin Claudia Bandion-Ortner ablösen. Die parteifreie BAWAG-Richterin hatte bei ihrer Berufung noch als genialer Coup von Josef Pröll gegolten, mittlerweile ist sie eine Last für die Partei. Herbst ist hingegen als Arbeitstier und Feuerwehrmann bekannt. Auf Erwin Prölls Geheiß ist er derzeit interimistischer Vorstandvorsitzender der Flughafen Wien AG und ebnet dort das Millionengrab Skylink.

Pröll senior packelt auch um das Finanzministerium
Überhaupt ist der Name des niederösterreichischen Landesvaters eine beliebte Zutat in der Gerüchteküche um den ÖVP-Umbau. Für das Amt des Finanzministers wurden am Donnerstag - abgesehen von den Ministern Mitterlehner und Fekter als Wechselkandidaten - nur Zugpferde aus dem Stall des NÖ-Landeshauptmanns genannt. Prölls Landesrat Stephan Pernkopf könnte den einzig zwingend nachzubesetzenden Posten bekommen, weil sich Pröll senior neben Spindelegger noch einen weiteren Niederösterreicher in der Regierung wünscht, die mit dem Abgang von Pröll junior ja einen verlor, heißt es.

Zudem soll es zwischen den einflussreichen Vorfeldorganisationen ÖAAB und Bauernbund den Deal geben, dass der Bauernbund den ÖAABler Spindelegger unterstützt und dafür weiter einen zweiten Minister hält - das könnte dann eben Pernkopf sein, der eine Zeit Josef Prölls Kabinettschef im Landwirtschaftsministerium war. Allerdings amtiert Pernkopf in Niederösterreich als Agrarlandesrat, was gleichzeitig den ohnehin schon leicht angesägten Sessel von Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich ins Wackeln bringt.

Außenseiterchancen im Kandidaten-Karussell für Ministerposten werden BAWAG-PSK-Vize Stephan Koren, ÖIAG-Chef Markus Beyrer und WKÖ-Präsident Christoph Leitl eingeräumt, allen drei für das Finanzministerium. Leitl hat allerdings mit Spindelegger nun eher einen Gegner als Parteichef und ließ das am Donnerstag auch durchklingen. Immer wieder fällt auch der Name des REWE-Chefs Werner Wutscher, der diese Woche ein Jahr vor Auslaufen seines Vertrages sein Mandat niedergelegt hat. Wutscher war zuvor Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium.

Lopatkas Posten wird überflüssig
Ein "Kollateralschaden" des Pröll-Abgangs könnte Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka werden. Der neue Finanzminister wird aller Voraussicht nach keinen Doppel-Job als Vizekanzler haben, Lopatkas Posten in der Regierung damit überflüssig. Lopatka könnte entweder als Abgeordneter in den Nationalrat wechseln oder als Staatssekretär ins Außenamt. Der noch aus Schüssel-Zeiten übriggebliebene VP-Politiker meinte am Donnerstag nur: "Alles ist zeitlich begrenzt, was wir tun."

Laut "Krone"-Informationen aus VP-Kreisen wird fix jedenfalls davon ausgegangen, dass sich Spindelegger einen Staatssekretär holen wird, nachdem er ja nun auch die Funktion des Vizekanzlers übernimmt und als Minister, Parteichef und ÖAAB-Obmann eine Vierfach-Funktion bekleidet. Allerdings wollte sich Spindelegger am Donnerstag nicht einmal darauf festlegen, ob er überhaupt Außenminister bleibt.

Ein glühender Außenpolitiker ist Lopatka, der als Staatssekretär so gut wie nie zu EU-Terminen reiste, allerdings nicht. Daher wäre wohl der Gang ins Plenum die logischste Variante. Und da wird's dann etwas kompliziert: Bei einer Lopatka-Rückkehr bekäme Neo-Bildungssprecher Werner Amon ein Problem, der als Erster verdrängt würde. Doch auch für diesen Fall gibt es in den Spekulationstheorien eine Lösung: Amon könnte Generalsekretär Fritz Kaltenegger in der Parteizentrale ablösen oder gar statt Beatrix Karl Wissenschaftsminister werden. Kaltenegger, vormals Bauernbunddirektor, käme laut einigen Quellen wiederum für eine Absetzung, laut anderen Quellen für ein höheres Amt infrage. Zum Beispiel für das des Landwirtschaftsministers, womit sich die Chancen für Berlakovich ein weiteres Mal verringern.

Schlechte Chancen für "Betonierer" Neugebauer und Kopf
Um Beatrix Karl kursiert weiters das Gerücht, sie könnte anstelle des GÖD-Vorsitzenden Fritz Neugebauer Zweite Nationalratspräsidentin werden. Dass die Uniprofessorin, die erst seit 2006 in der Politik und seit Anfang 2010 Wissenschaftsministerin ist, auf einen derartigen "Weglobungsposten" kommt, wäre beinahe spektakulär. Fakt ist jedoch, dass "Oberbetonierer" Neugebauer unter Spindelegger nicht gerade fest im Sattel sitzt, gilt er doch als eine der ersten Anlaufstellen für den von Josef Pröll bekrittelten Stillstand.

Die Gerüchte um eine nahezu fixe Ausbootung von Klubobmann Karlheinz Kopf wurde nicht zuletzt durch Spindeleggers Ansage "Ich bin ein anderer Typ als der Josef Pröll" genährt. Pröll hatte den ehemaligen Wirtschaftsbund-Chef Kopf 2008 zum Klubobmann und stellvertretenden Parteichef gemacht. Befragt über seine Zukunft meinte Kopf am Donnerstag nur mehr: "Ich bin dort, wo ich gebraucht werde." Für eine Ablöse Kopfs würde weiters sprechen, dass Vorarlbergs VP-Landeshauptmann Herbert Sausgruber nicht unbedingt auf einen Vertreter aus dem Ländle in der Bundesregierung pocht, während andere Länder mit dem einflussreichen Posten des Klubobmanns durchaus zu befriedigen wären.

Bis 28. April darf "gerüchtegekocht" werden
Den Gerüchteköchen aus den unterschiedlichen VP-Lagern steht jedenfalls ein zweiwöchiger Gourmet-Marathon bevor. Spindelegger hat als Termin für den Abschluss der personellen Veränderungen die nächste Nationalratssitzung am 28. April genannt.

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