Am Vormittag fix

Pröll-Nachfolge: Alle Zeichen deuten auf Spindelegger

Österreich
14.04.2011 09:22
Drei Kandidaten für die Nachfolge Josef Prölls als ÖVP-Chef haben sich unmittelbar nach dessen Rücktritt am späten Mittwochvormittag herauskristallisiert. Es handelt sich dabei um Innenministerin Maria Fekter, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Außenminister Michael Spindelegger. Und die Zeichen deuten mehrheitlich auf Letzteren, wie die "Krone" am Mittwoch aus ÖVP-Kreisen erfuhr.

Offiziell fällt die Entscheidung am Donnerstagvormittag ab 10 Uhr, wenn der Parteivorstand der ÖVP in Wien zusammentritt. Als Favorit für die Funktionen an der Parteispitze und als Vizekanzler steht Außenminister Spindelegger aber bereits fest, wie die "Krone" erfuhr. Nur gewisse Außenseiterchancen werden bei der Parteisitzung auch noch Fekter und Mitterlehner eingeräumt.

Der Außenminister habe die Nase vorn, weil er "bei den Leuten besser ankommt als der Bürokrat Mitterlehner", meint etwa ein Meinungsforscher. Als Koordinator dieser Weichenstellung fungierte nach "Krone"-Informationen in altbewährter Manier Niederösterreichs Landeshauptmann und Pröll-Onkel Erwin Pröll, der nach wie vor in der Volkspartei den Ton angibt. Unterstützt wurde er von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, der von Erwin Pröll telefonisch Mittwoch früh auf Dienstreise in Berlin kontaktiert worden ist. Den Sanktus, die Zukunft der ÖVP zu planen, erhielten Pröll senior bzw. Pühringer von allen ÖVP-Landesorganisationen.

Zu klären ist aber auch die Nachfolge Prölls als Finanzminister und Vizekanzler, wobei letztere Funktion wohl mit dem Posten des Parteichefs in einer Hand bleiben dürfte. Im Vorfeld wird darüber spekuliert, dass Mitterlehner Finanzminister werden könnte, wenn Spindelegger den Parteiobmann macht. Die bevorstehenden Änderungen könnten zudem weiteren Rotationen nach sich ziehen. Es gibt u.a. Gerüchte, dass Karlheinz Kopf als Klubobmann (mit oder ohne Aufstieg ins Regierungsteam) abgelöst werden könnte.

Spindelegger kann gut mit Faymann
Noch vor wenigen Jahren wollten einige Parteifreunde Michael Spindelegger ins EU-Parlament abschieben. Aber der 51-jährige Niederösterreicher hat sich mit viel Fleiß, (christlichen) Grundsätzen und Verlässlichkeit an die Spitze gearbeitet. "Das sind Eigenschaften, die er als ÖVP-Obmann, Vizekanzler, Außenminister und ÖAAB-Chef brauchen wird. Denn Spindelegger muss jetzt vor allem die Intrigennester in seiner Partei ausräuchern", analysiert "Krone"-Innenpolitikexperte Claus Pándi (siehe auch Videoblog "Politik im Bild" zum Pröll-Rücktritt in der Infobox) die Situation.

Einfacher würde es für Spindelegger als neuen starken Mann der ÖVP da schon mit dem Regierungspartner SPÖ: Der Außenminister und Kanzler Werner Faymann können außerordentlich gut miteinander. Ein Umstand, der Spindelegger von manchen zum Vorwurf gemacht wird. "Aber Kanzler und Vizekanzler müssen die Koalition gemeinsam aus der Erstarrung lösen, wenn 2013 nicht Strache der lachende Erste sein soll. Ein Wunsch, den auch der scheidende Vizekanzler Pröll seinem Nachfolger ans Herz gelegt hat", so Pándi.

Schritt für Schritt vom Gewerkschafter zum Minister
Seine Karriere startete Spindelegger im Arbeitnehmerbund der Volkspartei, dem ÖAAB. 1989 heuerte der heute 51-Jährige dort als Europareferent an. Schon 1991 war er stellvertretender Bundesobmann, ein Jahr später wurde er zum Bundesrat bestimmt, wieder ein Jahr danach in den Nationalrat gewählt. Und Spindelegger blieb flexibel: Als Österreich 1995 erstmals Abgeordnete ins Europaparlament entsenden durfte, war der leidenschaftliche EU-Fan wieder mit dabei - allerdings nicht lange. Im Oktober 1996 kehrte er in den Nationalrat zurück und wurde außenpolitischer Sprecher seiner Partei. Erst zehn Jahre später folgte der nächste Aufstieg. Die Wahl zum Zweiten Nationalratspräsidenten gewann er mit einer Stimme Vorsprung auf die VP-interne Gegenkandidatin Fekter. Seine Vorsitzführung glänzte durch Korrektheit und beschied im nach der Neuwahl 2008 ein höheres Amt: das des Außenministers.

Große Herausforderungen als Außenminister blieben für Spindelegger bisher allerdings aus. Österreich wurde kurz vor Spindeleggers Amtsantritt in den UNO-Sicherheitsrat gewählt, zu dem der Außenminister dann bis vergangenes Jahr ständig reisen musste. Entsprechend dem Naturell eines Außenministers ist Spindelegger viel und international unterwegs, Ende Februar z.B. war er auch gemeinsam mit Pröll in China. Während sich die Krise in der ÖVP zuspitzte, hatte Spindelegger vergangene Woche Gala-Auftritte im Nahen Osten, darunter in Ägypten, in Jordanien und im Gazastreifen. Am Montag war er schon wieder in New York bei einer UNO-Debatte zum Thema Rechtsstaatlichkeit. Zu den Führungsgerüchten in der ÖVP meinte Spindelegger damals: "Ich weiß gar nicht, wie ich dazu komme. Ich tue nichts, um solche Gerüchte zu nähren, sie nutzen der ÖVP nichts, und ich denke nicht darüber nach."

Spindeleggers Motto: "Grabe, wo du stehst!"
Seine berufliche Laufbahn startete der bekennende Hobbysportler Spindelegger, geboren am 21. Dezember 1959 in Mödling, als Assistent an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien. Vor seinem Studium absolvierte er den Präsenzdienst als Einjährig-Freiwilliger – was die Bundesheerdebatte durchaus spannend machen könnte. Nach dem Gerichtsjahr heuerte der Jurist als Bediensteter des Landes Niederösterreich an.

Spindelegger bezeichnet sich selbst als "bekennenden Christdemokraten und aktiven Arbeitnehmervertreter", dem neben den außenpolitischen Themen "die Fragen der sozialen Gerechtigkeit am Herzen liegen". In seiner Heimat unterstützt er auch das SOS-Kinderdorf Wienerwald. Spindelegger ist verheiratet mit seiner Frau Margit und Vater von zwei Söhnen - Matthias und Patrick. Als Lebensmotto gibt er an: "Grabe, wo du stehst!"

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