Trotz Kritik von EU

Italien stellt 10.000 Tunesiern befristete Visa aus

Ausland
13.04.2011 09:55
Trotz der ablehnenden Haltung der EU gegenüber der italienischen Visa-Politik will die Regierung in Rom in der nächsten Woche 10.000 tunesischen Flüchtlingen befristete Visa ausstellen, mit denen sie im Schengen-Raum reisen können. "Wir werden die Aufenthaltsgenehmigungen in einer Woche verteilen. Außerdem arbeiten wir an einem Plan, damit diese Migranten sich nicht selbst überlassen werden, solange sie nicht beschlossen haben, wo sie sich niederlassen wollen", erklärte der italienische Vize-Innenminister Alfredo Mantovano am Mittwoch.

Die Europäische Union verweigert Italien direkte Hilfe bei der Versorgung der Flüchtlinge aus Nordafrika. Die EU-Innenminister einigten sich am Montag nicht auf eine gemeinsame Unterstützungsaktion. Die Unionsmitglieder wollen lediglich Gespräche über einen Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex direkt vor der tunesischen Küste führen, um Flüchtlinge bereits dort von der Überfahrt nach Europa abzuhalten.

Während das kleine Malta mit der Hilfe von Deutschland und einigen anderen Ländern bei der Aufnahme politischer Flüchtlinge rechnen kann, bleibt die von Italien geforderte solidarische Verteilung der Flüchtlinge somit aus. Außerdem kritisierten die EU-Staaten die Visa-Politik Italiens. Österreichs Innenministerin Maria Fekter erklärte, Roms Vorgehen habe einen enormen Staubsaugereffekt auf alle Migranten, die nach Italien gelangen. "Italien putzt sich hier ab", so Fekter (siehe Infobox).

"Kein politisches Europa am Werk"
Italiens Außenminister Franco Frattini reagierte verärgert auf die ablehnende Haltung der EU-Innenminister gegenüber der italienischen Visa-Politik. "Wir müssen uns fragen, ob die EU nach dem Vertrag von Lissabon ein politisches Europa ist oder nicht. Bei der Flüchtlingsfrage hat man kein politisches Europa am Werk gesehen", erklärte Frattini. "Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass die EU die Verträge abschließen muss. Mit Tunesien hat Italien aber ein bilaterales Abkommen gegen die illegale Migration abschließen müssen. Wir sind zu diesen Schritten gezwungen worden, weil 30.000 Menschen Lampedusa erreicht haben. Ohne Abkommen werden weitere 30.000 Menschen in den nächsten drei Monaten in Italien eintreffen", kommentierte Frattini.

Auch Italiens Innenminister Maroni kritisierte die Haltung der EU-Länder scharf. "Wir haben um Solidarität gebeten und uns wurde gesagt, helft euch selbst. Ich frage mich, ob es noch Sinn hat, in der Europäischen Union zu sein", sagte er. Maroni fügte hinzu: "Es ist besser, allein zu sein, als in schlechter Gesellschaft."

"Man muss sich für Europa schämen"
Die katholische Tageszeitung "L'Avvenire", Sprachrohr der italienischen Bischofskonferenz CEI, schrieb am Mittwoch, dass man sich "für Europa schämen" müsse. Dasselbe Europa habe "schneller über die Bomben in Libyen entschieden als über das Schicksal der armen Einwanderer". Man spüre überall die immer lauter werdenden Stimmen der ausländerfeindlichen Rechten, hieß es.

Der Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord, Umberto Bossi, wiederum bekräftigte nach Angaben italienischer Medien seine Forderung nach einer sofortigen Abschiebung der tunesischen Flüchtlinge. "Überwachung der tunesischen Küsten, Abschiebungen und Ausweisung der Migranten: Wir müssen auf diesem harten Kurs beharren, wenn wir das Problem mit Tunesien lösen wollen", kommentierte Bossi.

Zwei Afrikanerinnen im Meer ertrunken
Inzwischen reißt die Flüchtlingswelle in Richtung Lampedusa nicht ab. Am Mittwoch wurde ein Boot mit 104 tunesischen Migranten an Bord in Sicherheit gebracht. Auch am Dienstagabend war auf der kleinen Insel ein Boot mit 57 Insassen eingetroffen.

Ein Drama ereignete sich am Mittwoch unweit der süditalienischen Mittelmeerinsel Pantelleria, wo zwei afrikanische Frauen ertranken. Die beiden Migrantinnen befanden sich auf einem alten Fischerboot mit rund 250 Flüchtlingen an Bord, das aus Libyen abgefahren ist. Aus noch ungeklärten Gründen prallte das Boot gegen die Felsen einer kleinen Bucht auf Pantelleria. Die Menschen sprangen ins Meer und versuchten, schwimmend die Küste zu erreichen. Vermutlich wegen der rauen See ertranken die beiden Frauen.

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