Experten rätseln

Kostenexplosion bei Rene Benkos Shopping-Klotz?

Wien
18.11.2021 18:53

KaDeWe Wien: Laut einer Signa-internen Unterlage will die Gruppe des Kaufhausjongleurs Rene Benko bis Ende Februar 2020 bereits über 203 Millionen Euro investiert haben.

Mariahilfer Straße 10-18. Diese Adresse ist jedem Ostösterreicher ein Begriff, zumindest jedem Wiener. Dort stand über viele Jahrzehnte das prunkvolle kika-Leiner-Haus, historisch wertvolles Stiegen-Ensemble inklusive. Nun befindet sich dort eine der mutmaßlich teuersten Baugruben des Landes: Das kika-Leiner-Haus ist längst abgerissen und soll durch einen Shopping-Klotz ersetzt werden, den die von Kaufhaus-Jongleur Benko gegründete Signa-Gruppe hochziehen möchte - krone.at berichtete. Immerhin setzte der grüne Bezirksvorsteher in letzter Minute durch, dass ein Teil des Daches auf Signa-Kosten von allen Besuchern als öffentlicher Raum genutzt werden darf.

Das „Entwicklungskonzept“ der Signa
Jetzt liegt eine Signa-interne Unterlage zu den Projektkosten vor: Laut dieser Projektkalkulation mit dem Titel „Entwicklungskonzept - Developmentkosten“ hätte die Signa-Gruppe bis Ende Februar 2020 „bereits über 203 Millionen der gesamten Investitionskosten investiert“. Besonders bemerkenswert: Allein die „Ankaufskosten“ sollen sich laut diesem Signa-Dokument auf sage und schreibe 190 Millionen Euro belaufen. Gesamtinvestitionskosten (GIK), laut Signa, am Ende: 498,027 Millionen Euro.

Experten rätseln, wie die Signa-Gruppe bis Ende Februar 2020 „bereits über 203 Millionen der gesamten Investitionskosten investiert“ haben will, wenn sich in der Mariahilfer Straße 10-18 bis dato doch lediglich eine riesige Baugrube befindet. Abriss und internationaler Architektenwettbewerb können wohl kaum einen dreistelligen Millionenbetrag verschlungen haben. Und auch die Ankaufskosten in Höhe von 190 Millionen Euro wirken etwas offensiv, vor allem, wenn man auf den Verkaufsprozess des Projekts zurückblickt.

Blitzaktion für 60 Millionen
Kurz nach Weihnachten 2017 hatte das einstige kika-Leiner-Flaggschiff in Wien-Mariahilf in einer wahren Blitzaktion den Besitzer gewechselt. Rene Benko verhandelte damals persönlich und erhielt mit seiner Laura Privatstiftung für 60 Millionen Euro den Zuschlag. Mit Unterstützung einer - aus heutiger Sicht - möglicherweise kurzsichtigen Politik (ÖVP), die eine sofortige Besicherung im Grundbuch ermöglichte und dies später mit „serviceorientierter Verwaltung“ begründete.

Laut der Rechercheplattform Addendum, die den Fall 2019 neu aufrollte, soll es zudem einen Bieter gegeben haben, der 2017 bereit gewesen wäre, 90 Millionen Euro auf den Tisch der damaligen kika-Leiner-Eigentümer zu legen. Interessant erscheint im Rückblick auch, dass keine vier Monate nach dem Kauf, im April 2018, im Grundbuch ein Pfandrecht der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich über 95 Millionen eingetragen und eine Finanzierung in dieser Höhe zur Verfügung gestellt wurde.

Von 60 auf 260 Millionen
Auch der deutschen „Wirtschaftswoche“ war die bilanzielle Wertsteigerung des Mariahilfer-Projekts schon einmal ins Auge gestochen. Das Magazin stellte im April 2020 fest: „Die Wertentwicklung der Wiener Filiale des Möbelhändlers kika/Leiner gibt zumindest Anlass zu der Annahme, dass man bei Signa womöglich nicht immer sehr konservativ war. So kaufte eine Privatstiftung der Familie Benko das Gebäude Ende 2017 für rund 60 Millionen Euro. In einem Anleiheprospekt wird der Wert Ende 2018 mit 260 Millionen Euro angegeben - also mehr als dem Vierfachen des Kaufpreises. Worauf dieser gewaltige Wertzuwachs basiert, ist unklar. Zwar soll das Haus zu einem modernen Kaufhaus nebst Hotel umgebaut werden. Doch der Bau hat noch gar nicht begonnen. Signa wollte sich zum Hintergrund der Wertentwicklung nicht äußern.“

Signa-Gründer Benko hat derzeit an mehreren Fronten zu kämpfen: Erst in der Vorwoche wurde bekannt, dass der Tiroler in der Causa Chorherr wegen einer 100.000-Euro-Spende an den Verein des ehemaligen Wiener Stadtrats als einer von zehn Angeklagten aufscheint. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.

 Kronen Zeitung
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