"Kein neuer Khomeini"

Ägyptens Militärrat will Gottesstaat verhindern

Ausland
05.04.2011 14:03
Der seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak regierende Militärrat will darüber wachen, dass in Ägypten keine extremen religiösen Kräfte die Macht übernehmen können. "Ägypten wird nicht von einem zweiten Khomeini regiert werden", erklärten Mitglieder des Gremiums bei einem Treffen mit Chefredakteuren von Zeitungen des Landes. "Der Militärrat wird nicht zulassen, dass extremistische Gruppierungen die Kontrolle im Land übernehmen", erklärte etwa der Vize-Verteidigungsminister.

Ayatollah Ruhollah Khomeini hatte 1979 nach einer Revolution gegen den pro-westlichen Schah Reza Pahlavi die Macht im Iran übernommen und eine bis heute bestehende islamistische Diktatur ("Gottesstaat") errichtet. Bei den Äußerungen der Generäle des ägyptischen Militärrates handelte es sich um die ersten öffentlichen Erklärungen des Gremiums darüber, inwieweit es in den politischen Prozess im Land eingreifen könnte. Der Militärrat hatte nach dem Sturz Mubaraks am 11. Februar die Regierungsgeschäfte übernommen.

Keine klaren Aussagen der Generäle
Aus den Aussagen, über welche die Kairoer Tageszeitung "Al-Masry Al-Youm" am Dienstag berichtete, wurde allerdings nicht deutlich, wen die Generäle als "religiöse Extremisten" betrachten. Die unter Mubarak verbotene islamische Muslimbruderschaft gilt als die am besten organisierte politische Kraft im Lande. Die Muslimbrüder hatten zuletzt mehrfach erklärt, sich an die Regeln der Demokratie halten zu wollen. In ihrer Programmatik bekennen sie sich jedoch zur Errichtung eines "islamischen Staates" auf der Grundlage des islamischen Rechts, der Scharia.

Tatsächlich radikal sind hingegen Gruppen von Fundamentalisten außerhalb der Muslimbruderschaft, die unter Mubarak politisch nicht aktiv waren. Diese "Salafisten", wie sie genannt werden, griffen nach dem Umsturz vereinzelt Alkoholläden und Sufi-Schreine an, weil sie diese als "unislamisch" betrachten. Einige Salafisten-Scheichs bekundeten ihre Absicht, künftig bei Wahlen anzutreten. Der Begriff "Salafisten" geht auf "Al-Salaf al-Salih", die "verehrenswürdigen Vorfahren", zurück. Gemeint sind damit die ersten Generationen frommer Muslime, die während und nach der Zeit des Propheten Mohammed gelebt hatten. Auch einige ehemalige islamistische Terroristen, die der Anwendung von Gewalt, nicht aber ihrem fundamentalistischen Weltbild abgeschworen hatten, erwägen die Gründung eigener Parteien.

Wahlen bis zum September anvisiert
In Ägypten soll bis zum September erstmals auf demokratische Weise ein Parlament gewählt werden. Danach sollen auch ein neuer Präsident bestimmt, eine neue Verfassung ausgearbeitet und diese einer Volksabstimmung vorgelegt werden. Der Militärrat, der mit dem Oberkommando der Streitkräfte identisch ist, verstand sich schon bisher als unparteiischer Hüter und Garant dieses politischen Prozesses. Während des 18-tägigen Volksaufstands, der zum Umsturz führte, hatte sich das Militär zunächst neutral verhalten und am Ende die Massenproteste gegen Übergriffe der Regime-Anhänger geschützt.

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