Auch Berater im Visier

Für Kanzler Kurz wird es jetzt immer enger

Politik
07.10.2021 06:00

Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit - Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engstes Umfeld stehen im Visier der Justiz. Ermittelt wird wegen Korruptionsdelikten.

Mittwochfrüh wurde wahr, was die ÖVP seit einiger Zeit befürchtet hat: Ermittler standen mit einer Durchsuchungsanordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor mehreren Türen. Es kam zu Razzien im Kanzleramt, in der Parteizentrale und im Finanzministerium.

Die von einem Haft- und Rechtsschutzrichter - jenem, der Kurz als Beschuldigten wegen der mutmaßlichen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss vernahm - genehmigte Anordnung hat es in sich. Darin werden Kurz, Getreuen in seinem engsten Umfeld, Wolfgang Fellner, Herausgeber der Zeitung „Österreich“, und der Meinungsforscherin Sophie Karmasin schwerwiegende Vorwürfe gemacht.

Konkret geht es um den Verdacht auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Basis für die Ermittlungen sind wieder einmal Chatverläufe, die einschlägige Dialoge beinhalten. Die WKStA hat Mittwochnachmittag schließlich bestätigt, dass sie Ermittlungen gegen Kurz und weitere neun Beschuldigte sowie drei nicht namentlich genannte Verbände wegen des Verdachts der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung führt. Für alle Genannten, die die Vorwürfe bestreiten, gilt die Unschuldsvermutung.

Inseratenkauf gegen redaktionellen Einfluss
Konkret geht es um Inseratenkorruption im Zusammenhang mit Meinungsumfragen und positiver Berichterstattung in der Zeitung „Österreich“ und dem zur Mediengruppe gehörenden Online-Portal oe24.at. Die Umfragen sollen aus Steuergeldern vom Finanzministerium über Scheinrechnungen zum Nutzen von Kurz finanziert worden sein. Die These der Ermittler ist, dass es im Austausch üppige Inserate des Finanzressorts gab. Auch im Fellner-Imperium soll es zu Hausdurchsuchungen gekommen sein.

Bei den Vorwürfen geht es um die Zeit vor der ÖVP-internen Machtübernahme durch Sebastian Kurz 2017. Begonnen haben soll alles im Jahr 2016: Die ÖVP war damals Juniorpartner in der Großen Koalition und steckte in einem Umfragetief. Kurz bereitete seine Machtübernahme vor. Mitunter auch mit Mitteln, die nun die Ermittlungen gegen ihn, Menschen aus seinem engsten Umfeld und weitere Personen ausgelöst haben.

Vorwürfe & Beschuldigte

Die Vorwürfe wiegen schwer. Gerichtet gegen zehn Personen: Sebastian Kurz - er soll als Außenminister seinen Vertrauten, den späteren ÖBAG-Chef Thomas Schmid, mit den Geschäften mit den Brüdern Fellner beauftragt haben.

Schmid ist ebenso beschuldigt wie Stefan Steiner (Ex-ÖVP-Generalsekretär), Gerald Fleischmann (zur fraglichen Zeit im Kabinett Kurz) sowie Johannes Frischmann (2014 bis 2017 Pressesprecher im Finanzministerium, später im Kanzleramt). Sie sollen Fragen für die Umfragen in Auftrag gegeben und am verdächtigen Deal mitgewirkt haben.

Die Umfragen, so die WKStA, seien von Sophie Karmasin und Sabine B. (beide Markt- und Motivforscherinnen; Karmasin war überdies Familienministerin auf einem ÖVP-Ticket) abgewickelt worden. B. soll überdies die „Scheinrechnungen“ zur Verschleierung gelegt haben.

Johannes P., ÖVP-Mann aus dem Kurz-Umfeld, ist ebenfalls beschuldigt.

Und die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner, die mutmaßlichen medialen Profiteure. Sie sollen für „Medienkooperationen“ der ÖVP im Gegenzug „einen Vorteil“ angeboten und gewährt haben (inklusive Platzierung der Umfragen), so der Verdacht.

Die Delikte Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung sind je mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht.

Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Ermittler sehen in Kurz die „zentrale Person“ in der Affäre. Die WKStA wirft dem Kanzler vor, Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzressort, mit der Organisation und den Verhandlungen sowie mit der Kooperation mit der Mediengruppe beauftragt zu haben. Kurz habe sich auch regelmäßig berichten lassen. Ferner habe der Kanzler die einstige Ministerin und nunmehrige Meinungsforscherin Sophie Karmasin überredet, sich an Tathandlungen zu beteiligen. Er soll einzelne Fragestellungen in Auftrag gegeben und auf deren Veröffentlichung hingewirkt haben.

Zitat Icon

Es werden immer SMS aus dem Kontext gerissen, um daraus einen strafrechtlichen Vorwurf zu machen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Kurz weist alles zurück: Es würden „haltlose Vorwürfe gegen mein Team und mich konstruiert über Vorgänge, die teilweise fünf Jahre zurückliegen“. Er sei „davon überzeugt, dass sich auch diese Vorwürfe schon bald als falsch herausstellen werden“.

Für Kurz wird es immer enger.

Sandra Schieder
Sandra Schieder
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