Denkzettel! So titeln wir heute, und das aus gutem Grund: Der Superwahltag fand am Sonntag mit Überraschungen ein Ende, das so in vielen Parteistuben nicht geplant war. Ehrlicherweise auch nicht in den sonst so gut informierten Redaktionen. Was war passiert? Die ÖVP (in Oberösterreich, nicht in Graz!) bleibt auf Platz 1, die Freiheitlichen verteidigen Platz zwei - auch zufrieden, trotz großer Verluste. Die SPÖ erreicht annähernd ihr Ergebnis vom letzten Mal - und das war das schlechteste aller Zeiten. Die Grünen freuen sich über - in Zeiten der Klimakrise - matte Zugewinne, die Neos bangten, ob sie überhaupt den Einzug in den oberösterreichischen Landtag schaffen. Sehen so Sieger aus, fragt sich Chefredakteur Klaus Herrmann nach dieser Denkzettel-Wahl. Denn neben den etablierten Gesichtern etablierter Parteien stand ein Vertreter einer Fraktion, die vor Kurzem selbst im Wahl-Land Oberösterreich keiner kannte. MFG - Anti-Corona, Anti-Impfung. Aber vor allem mit der Botschaft: „Wir sind keine Politiker“. Während in Graz die Kommunisten sogar Platz 1 erobern. Auch sie Vertreter eines Anti-Establishments, obwohl teils seit vielen Jahren aktiv, „keine Politiker“. Menschen, die sich von der Politik nicht angesprochen, nicht verstanden fühlen, die Berufspolitiker mit deren ewig gleichen, oft so schwammigen Nicht-Aussagen nicht hören wollen - die bleiben entweder der Wahl fern. Oder haben lange Jahre eventuell FPÖ gewählt und sehen diese Partei auch nicht mehr als ihre Heimat. Lassen sich vielleicht täuschen, wenn sie bei MFG und KPÖ ein Angebot zu finden glauben. Es ist ein nicht zu überhörender Protest. Einer, der von den Vertretern der etablierten Parteien auch gestern Abend überhört wurde. Sie sollten endlich besser zuhören!
Spannend ist aber auch die Frage, ob die Regierung nach den vielleicht nur wahlkampfbedingten Unsinnigkeiten beim Management der Pandemie zu seriöser Arbeit findet, meint dazu Claus Pándi. Mit immer neuen Verwirrungen, Ablenkungsmanövern und Schuldzuweisungen ist kein Staat zu lenken. Jedenfalls hätten die türkise Kanzlerpartei und ihr nicht nur farblich kaum noch unterscheidbarer Koalitionspartner jetzt ein Zeitfenster. Wenn es wider Erwarten nicht doch zu vorgezogenen Nationalratswahlen kommt, hat Österreich jetzt eine längere fast wahlfreie Periode. Erst 2023 geht mit vier Landtagswahlen die Phase der politischen Vernunft wieder zu Ende.
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