Schweigegeld?

Missbrauchsvorwurf gegen Salzburger Domprediger

Österreich
07.03.2011 12:14
Es herrscht erneut großer Aufruhr um die Kirche und ihre Opferschutzkommission: Auslöser sind schwere Missbrauchsvorwürfe gegen den Salzburger Domprediger Peter Hofer. Eine heute 47-jährige Frau behauptet, in den 80er-Jahren von dem Geistlichen Hunderte Male vergewaltigt worden zu sein. Hofer bestreitet dies vehement und spricht von einem einvernehmlichen Verhältnis, als die Frau bereits erwachsen war. Für zusätzlichen Wirbel sorgen Vorwürfe an die kirchliche Opferschutzkommission und Hofer, sie hätten der Frau "Schweigegeld" angeboten.

Das mutmaßliche Missbrauchsopfer hat vor einiger Zeit eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übergeben, die am Wochenende durch das Magazin "profil" bekannt wurde. Der Missbrauch, in der Zeit als Hofer die Stadtpfarre Nonntal leitete, habe etwa in der Pfarrerswohnung, auf dem Tisch der Sakristei oder in einer Umkleidekabine bei einem Urlaub am Toten Meer stattgefunden, schildert die Frau in ihrem Schreiben an die Staatsanwaltschaft. Zum Teil sei auch der Mesner beteiligt gewesen.

Pfarrer nahm in Predigt Stellung
Hofer, derzeit Domprediger und Pfarrprovisor von St. Jakob am Thurn, gestand gegenüber "profil" eine "freiwillige" sexuelle Beziehung zu der Frau ein, die aber erst stattgefunden habe, als diese schon erwachsen war. Alle Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung seien hingegen "frei erfunden" und "unverständlich". Er sei der Frau auch noch nach dem Verhältnis freundschaftlich verbunden gewesen, habe Postkarten mit der Anrede "Lieber Peter" erhalten, habe sie mit ihrem Mann getraut und auch zwei Kinder von ihr getauft.

Am Sonntag nahm der Dompfarrer sogar am Beginn der Messe um 11.30 Uhr im Salzburger Dom zu den Anschuldigungen Stellung. Wenn er jemanden verletzt habe, bitte er um Verzeihung. Er bereue, was vor langer Zeit passiert sei, sagte er zum Kirchenvolk. Aus der Erzdiözese hieß es dazu am Montag, Hofer habe mit seinen Worten am Vortag zu der freundschaftlichen Beziehung mit der Frau Bezug genommen, nicht aber zu den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs, die der Geistliche vehement bestreite, so Sprecher Wolfgang Kumpfmüller.

Für Staatsanwaltschaft "absolut verjährt"
Die erste Sachverhaltsdarstellung langte im Juli 2010 bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ein, wie "profil" berichtete. "Da die Sache absolut verjährt ist, haben wir keine Ermittlungen durchgeführt", erklärte Sprecherin Barbara Feichtinger am Montag auf Nachfrage. Im Dezember folgte eine ergänzende Anzeige mit der Begründung, dass die Causa nicht verjährt sei, weil die Salzburgerin wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung schwer verletzt sei. Die Behörde sah dies aber erneut anders.

Die Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs und Gewalt der Erzdiözese Salzburg hat die Vorwürfe nach eigenen Angaben geprüft. Ein Missbrauch sei laut Generalvikar Hansjörg Hofer demnach nicht nachzuweisen. Daher bestehe für die Erzdiözese auch kein Anlass einzuschreiten. Hofer bleibe weiterhin Domprediger und Pfarrer, daran gebe es nichts zu rütteln, sagte Kumpfmüller.

5.000 vom Pfarrer, 50.000 von der Kirche
Für Wirbel sorgen die Entschädigungsangebote an die Frau. Laut "profil" soll ihr Hofer 5.000 Euro für Therapiekosten angeboten haben, unter der Bedingung, dass sie in Zukunft keine derartigen Anschuldigungen mehr gegen ihn vorbringe. Gegenüber "profil" meinte Hofer, das Angebot sei weder als "Schweigegeld" noch als Schuldeingeständnis seinerseits zu werten.

Von "Schweigegeld" ist auch in Zusammenhang mit der offiziellen kirchlichen Kompensation für die Frau die Rede. Von der kirchlichen Opferschutzkommission unter Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic sollen der 47-Jährigen 50.000 Euro Schmerzensgeld und Therapiekosten angeboten worden sein: Für die "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" liegt damit "die Vermutung sehr nahe, dass es sich dabei um eine Art Schweigegeld gehandelt haben könnte", heißt es auf der Website der Plattform.

"Eine Täterschutzorganisation"
Sollten die angebotene hohe Schmerzensgeldsumme stimmen, sieht die Plattform die Klasnic-Kommission rücktrittsreif. "Obwohl ein schweres Verbrechen angenommen werden muss, wurden von der Kommission und von Bischof Kothgasser (Erzbischof von Salzburg, Anm.) keine Konsequenzen gesetzt - der mutmaßliche Täter ist nach wie vor im Kirchendienst", kommentierte am Wochenende Sepp Rothwangl von der Plattform die Ereignisse. Es zeige sich deutlich, dass die Kommission eine "Täterschutzorganisation" wäre.

Kommissions-Sprecher Herwig Hösele meinte dazu, dass man zu Einzelfällen grundsätzlich keine Stellungnahme abgebe. "Aber ganz allgemein: Wir entscheiden im Zweifel für das Opfer. Das muss dann aber kein Schuldspruch gegen jemand anderen sein."

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