Guten Morgen

Bestechlicher Parteichef | Auf dem Boden bleiben

Dieses Urteil war im ersten in einer Reihe von Prozessen gegen Heinz Christian Strache von den Beobachtern nicht unbedingt erwartet worden: Ein klarer, zweifelsfreier Schuldspruch, 15 Monate bedingte Haft für den ehemaligen Vizekanzler. Während sich der Verurteilte „schockiert“ zeigte und von einem „Fehlurteil“ sprach, gegen das er auch gleich berief und das deshalb noch nicht rechtskräftig ist, gab es für die Richterin keinen Zweifel, dass sich der damalige Parteichef der Blauen nur deshalb so sehr für den befreundeten Betreiber einer Privatklinik ins Zeug gelegt hat, weil dieser der FPÖ 12.000 Euro „gespendet“ hatte. „Strache ging es nur um die Interessen seines reichen Freundes Grubmüller“, sagte Richterin Moravec-Loidolt. Und so verurteilte sie ihn wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingt - wenn das Urteil Rechtskraft erlang, dann ist der Ex-Vizekanzler vorbestraft. Und wie man weiß blüht ihm noch Einiges vor Gericht. Wie konnte dieser Mann so tief fallen?

Auf dem Boden bleiben. Schadenfreude ist sicher nicht angebracht, nach diesem Urteil. Auch nicht bei jenen, die mit Strache oder seinen Blauen nichts oder wenig anfangen können oder wollen. Genausowenig angebrachtwie Mitleid. Strache hatte zwar ein begnadetes Händchen im Umgang mit seiner die längste Zeit exponentiell wachsenden Klientel. Vergessen wir nicht Umfragewerte aus der Endzeit von Rot-Schwarz, als er mit seiner Partei in lichte Höhen über der 30-Grad-Marke schoss. Aber der übergroße Erfolg ließ den gelernten Zahntechniker ganz offensichtlich abheben. Ließ ihn Spesenrechnungen schreiben, die ihn demnächst neuerlich vor den Richter bringen. Ließen ihn offensichtlich Freunden Dinge versprechen, die er dann als Regierungspolitiker auch einhalten wollte und konnte. Und ihm nun die (bedingte) Haftstrafe bescheren. Wie kann es einem erfolgreichen Politiker - das fragen sich vor allem auch blaue Parteikollegen und (Ex-)Sympathisanten - passieren, dass er seine Konversation auf dem Handy gespeichert lässt? Die Antwort scheint billig: Weil er sich nicht vorstellen konnte, dass ihm die Justiz dieses Handy abnehmen könnte. Der Herr Parteichef hat sich auch ganz offensichtlich nicht vorstellen können, dass jemals jemand kritisch seine Spesenzettel überprüfen würde. Der Herr Parteichef und Vizekanzler, an sich ein politisches Talent der Sonderklasse, hatte längst abgehoben. Abgehoben in eine eigene Welt, in der einem vermeintlich nichts mehr passieren kann. In der er - siehe Ibiza - die halbe Republik samt der „Krone“ verscherbeln zu können glaubte. Abgehoben und abgeflogen. Der nun schon mehr als zwei Jahre anhaltende Sturzflug hat mit dem heutigen Urteil einen neuen Tiefpunkt erreicht. Und sollte weit über den Strache-Dunstkreis hinausstrahlen. Wie heute Doris Vettermann in der „Kronen Zeitung“ kommentiert: „Es ist durchaus vorstellbar, dass einige Personen in der Nacht auf heute nicht gut geschlafen haben.“ Und sie resümiert: „Das Urteil … ist auch ein Zeichen gegen die schwammige Grenze zwischen Korruption und jenen Geschäften, die halt so gemacht werden.“ Ja, dieses erste Urteil gegen Strache - es darf auch als eine laute Warnung für alle gesehen werden, die wichtig sind oder sich für wichtig halten: Immer schön auf dem Boden bleiben!

Einen schönen Tag!

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