Doping-Affäre

Mayer, Totschnig und Botwinow müssen vor Gericht

Sport
25.02.2011 10:49
Knalleffekt in der Doping-Affäre rund um den ehemaligen ÖSV-Trainer Walter Mayer: Die Staatsanwaltschaft Wien hat gegen den 53-Jährigen und vier weitere Personen - darunter ein Wiener Apotheker - einen Strafantrag wegen zahlreicher Verstöße gegen das Anti-Doping-Gesetz und das Arzneimittelgesetz eingebracht. Vor Gericht gestellt werden auch Ex-Radprofi Georg Totschnig und der frühere Langläufer Michail Botwinow, denen die Anklagebehörde falsche Zeugenaussage vorwirft.

Wie der Sprecher des Wiener Straflandesgerichts, Christian Gneist, am Donnerstag mitteilte, ist das Verfahren gegen die insgesamt sieben Verdächtigen bereits gerichtsanhängig. Mayer wird vorgeworfen, von 2005 bis zum Februar 2009 - und damit auch noch Monate nach dem im August 2008 in Kraft getretenen Anti-Doping-Gesetz - teilweise höchst prominente Sportler gedopt zu haben.

Den Prozess, der vermutlich im Mai über die Bühne gehen soll, wird Richterin Katharina Lewy leiten. Mayer, der von 1999 bis 2003 als Rennsportdirektor für Langlauf und Biathlon tätig war, drohen im Fall eines Schuldspruchs bis zu drei Jahre Haft.

Dachdecker als Mittelsmann
Dem Strafantrag zufolge soll Mayer zunächst über einen mitangeklagten Mittelsmann, der zuvor bei ihm als Dachdecker beschäftigt war, von dem Wiener Apotheker Wachstumshormone, Dynepo und sonstige verbotene Substanzen bezogen haben.

Von 2005 bis 2008 soll Mayer Spitzenvertreter des österreichischen Langlauf- und Biathlonsports mit den illegalen Präparaten versorgt haben. Im Strafantrag werden mehrere Abnehmer namentlich genannt, darunter der unter Blutdoping-Verdacht geratene Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann, Langlauf-Vizeweltmeister Alois Stadlober, Ex-Biathlet Ludwig Gredler und die nach der sogenannten Blutbeutel-Affäre bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin vom Internationalen Olympischen Komitee ausgeschlossenen Jürgen Pinter, Roland Diethart (beide Langlauf) und Wolfgang Perner (Biathlon). Sämtliche angeblichen Abnehmer werden zur Hauptverhandlung als Zeugen geladen und dort unter Wahrheitspflicht aussagen müssen.

Stadlober schließt verbotene Mittel "dezidiert aus"
Der bei der Nordischen Ski-WM in Oslo weilende Stadlober hat am Donnerstagabend im ORF-Kurzsport zu den Vorwürfen gemeint, keine verbotenen Mittel bekommen zu haben. "Das schließe ich dezidiert aus", erklärte der 48-Jährige.

Weitere, "noch festzustellende Sportler", wie es im Strafantrag heißt, soll Mayer vom Oktober 2008 bis Ende März 2009 "zum Zwecke des Dopings im großen Stil" mit Erythropoetin (EPO) versorgt haben. Für eine junge Langläuferin soll Mayer bis in den Februar 2009 hinein einen Trainings- und Dopingplan erstellt und verfolgt haben - der Ehemann der Sportlerin befindet sich nun ebenfalls unter den Angeklagten.

Mayer: "Die Hund sind so deppert"
Als "lachhaft" bezeichnete Mayer den Strafantrag. "Die Hund sind so deppert, das gibt's nicht. Ich möchte wissen, wer die prominenten Sportler sind. Das Ganze passiert im Auftrag vom IOC. Das hat der (IOC-Präsident Jacques, Anm.) Rogge in Absprache mit (Sportminister Norbert, Anm.) Darabos vereinbart. Seit ich am 30. April 2009 aus dem Gefängnis entlassen worden bin, habe ich nichts mehr gehört - kein Wort, keinen Ton, kein Schreiben. Das ist jetzt wieder so eine typische Aktion, die nicht zufällig ausgerechnet zum Zeitpunkt der Nordischen WM passiert", so Mayer.

Man wolle sich an ihm "abputzen". "Aber ich sehe dem Ganzen mehr als gelassen entgegen. Im Endeffekt machen sie sich lächerlich, wenn das nur halbwegs normal runtergeht", ist Mayer überzeugt.

Totschnig und Botwinow im Visier
Besondere Brisanz erhält die Causa mit der überraschenden, für die Öffentlichkeit nicht absehbaren Anklageerhebung gegen Totschnig und Botwinow. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, den beiden früheren Spitzensportlern nachweisen zu können, bei einer förmlichen Einvernahme vor der SOKO Doping die Unwahrheit gesagt zu haben. Totschnig hatte am 14. September 2009 als Zeuge unter Wahrheitspflicht erklärt, ihm habe Gerlinde Mayer (die Ehefrau von Walter Mayer, Anm.) bei der Tour de France nie einen Blutbeutel übergeben.

Einen Tag später, am 15. September, gab Botwinow zu Protokoll, er sei nie in den Räumlichkeiten der umstrittenen Wiener Firma Humanplasma gewesen und habe sich dort niemals Blut abnehmen lassen. Bei beiden Aussagen handelt es sich zumindest nach Ansicht der Anklagebehörde nicht um die Wahrheit. Weder Totschnig noch Botwinow haben sich am Donnerstag zu den Vorwürfen geäußert.

Totschnig: Karriere 2006 beendet
Totschnigs größter Erfolg war der Tour-de-France-Etappensieg am 16. Juli 2005 in den Pyrenäen, was gleichzeitig der erste Etappensieg eines Österreichers seit 1931 war. 2005 wurde der Tiroler zu Österreichs Sportler des Jahres gewählt. Im Oktober 2006 beendete Totschnig seine Radsportkarriere.

Botwinow feierte seinen größten Erfolg bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City, als er im Massenstart über 30 Kilometer die Silbermedaille holte. Vier Jahre später in Turin sicherte er sich Olympia-Bronze über 50 Kilometer. 2007 gab er seinen Rücktritt bekannt.

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(Bild: KMM)



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