Wollte man das Charakterisierende, Unverwechselbare der waltenden Salzburger Schauspielästhetik zu ergründen versuchen, so wäre es paradoxerweise ihre Verwechselbarkeit. Die Wunder des Unvorhersehbaren, die dem Intendanten in den musikalischen Bereichen oft glücken, bleiben hier ungewirkt. Ein unbeabsichtigter Schwerpunkt gilt heuer der Transgender-Debatte. Wie schon im „Jedermann“ (dort allerdings deutlich verschämter) tauschen auch in Karin Henkels Marathon Männer und Frauen das Rollenfach.
Im Fall der Schauspielerin Lina Beckmann wäre das in Ordnung (auch Hamlet wurde oft von Frauen verkörpert). Das aus „Heinrich VI.“ und „Richard III.“ gefertigte Porträt des Titelwüstlings war versprochen: Ein plumper, verhöhnter Balg wächst sich zum Horror-Clown von Stephen-King-Dimension aus. Das ginge leidlich auf, würde der Text nicht derart sterbenslangweilig durch den Wolf gedreht und mit berufsjugendlichem Dramaturgengequatsche vermantscht. Richards gegenderte Entourage tendiert mangels dramaturgischer Legitimation zum burlesken Allotria. Und dass die zentralen Frauenrollen Kristof Van Boven überantwortet sind, endet in grellen Transvestitenarien.
Nicht auszudenken, man hätte für das Unternehmen etwa Andrea Breth geholt.
Heinz Sichrovsky
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