Erotisches Festessen

Oscar-Gewinnerin Tilda Swinton in “I Am Love”

Kino
09.02.2011 16:25
Erotik, Drama und Leidenschaft sind die Zutaten für ein cineastisches Festessen mit dem Titel "Io sono l'amore - I Am Love". Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton brilliert als abtrünnige Ehefrau, die eine alteingesessene Mailänder Textilfabrikantenfamilie brüskiert, erobert doch ein Koch ihr Bett und Herz.

Ihr Teint besitzt die kristalline Transparenz erlesenen Porzellans, die Augen zwei gletschermilchgrüne Seen, der Wimpernkranz mondhell, die Stirn hoch. Tilda Swintons androgyne Schönheit scheint von einem fernen Stern zu sein. Keine andere Schauspielerin strahlt diesen Purismus aus. Visionäre Filmemacher lieben die bleiche Projektionsfläche ihres Antlitzes, auf dem Emotionen in feinsten Nuancen aufleuchten. Dass ihre Züge aristokratisch anmuten, ist angeborene Noblesse, entstammt die Oscar-Preisträgerin ("Michael Clayton") doch einem schottischen Adelsgeschlecht, das sich bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.

Ein Soziologiestudium in Cambridge und die eine Zeit lang durchaus einträgliche Passion für Pferdewetten sind für die Mutter von Zwillingen kein Widerspruch. Und die Liebe ist für sie ein weites Land, durch das man in amüsanter Begleitung reisen sollte. Zwei Männer teilen (sich) ihre Lebensperspektiven. Ihr dezentes Credo: Never explain. Keine Erklärungen.

Spielraum für Träume und Tollheiten
Swinton: "Ich mag mein freies Lebenskonzept. Ein Luxus, den ich mir erkämpfen musste." Als einzige Tochter neben drei Brüdern, die dasselbe Internat wie Lady Di besuchte, wurde von dem blaublütigen Geschöpf natürlich erwartet, sich entsprechend zu vermählen. Swinton: "Ich sollte einen Grafen heiraten. Als klar war, dass das nicht passieren würde, hatte ich auf einmal viel Spielraum für Träume und Tollheiten!"

Um emotionale Tollheit geht es auch in dem fesselnd-poetischen Film "I Am Love", ein das Auge betörender sinnlicher Streifen unter italienischer Regie, an dessen Geschichte Swinton selbst elf Jahre gemeinsam mit Regisseur Luca Guadagnino feilte. Wir tauchen ein in die mondäne Welt der - fiktiven - Mailänder Modedynastie Recchi. Ein Tableau aus gediegener Tradition, rauschenden Festen, unumstößlichen Gesetzen. Die schöne Russin Emma - Tilda Swinton - hat in die alteingesessene Magnatensippe eingeheiratet. Drei bereits erwachsene Kinder festigen ihre Ehe. Mutterstolz bindet.

Doch dann rühren ein Koch (gespielt von Edoardo Gabbriellini) und seine fantasievollen kulinarischen Kreationen an ihren Gaumen - und an ihr Herz. Diese Amour fou wird die behäbige Familienchronik alla italiana aus den Angeln heben und gerät zur stilistischen Orgie, in der eine herausragende Tilda Swinton als Revolutionärin in Sachen Passion in offenherzigen Liebesszenen überzeugt. Ein exquisites Kunstdrama, das in seiner wunderbaren formalen Eleganz gar an Viscontis "Der Leopard" gemahnt, inhaltlich aber auch griechischen Tragödien verhaftet ist.

von Christina Krisch, Kronen Zeitung

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