Gastkommentar

Blaubarts Frauen

Salzburg
07.05.2021 07:53

Julya Rabinowich - Kolumnistin, Dramatikerin Malerin und Schriftstellerin - in einem Gastkommentar über die zunehmende Gewalt an Frauen und die Zurückhaltung der zuständigen Ministerin.

Es ist etwas faul im Staate Österreich. Wir befinden uns in europäischer Spitzenklasse: Bei Gewalt an Frauen. Elf Femizide allein in diesem Jahr. Wie kann das sein? Und wie kann das so bleiben?

Es ist schade, dass die zuständige Frauenministerin Raab sich zurückhaltend zeigt, was feministische Ansätze anbelangt. Unvergessen ihr Sager, Feminismus würde Frauen trennen. Andererseits: Manchmal ist eine Trennung sogar lebensrettend. Manchmal in Ermangelung eines adäquaten Frauenschutzes aber leider nicht. Der letzte Femizid: eine ermordete Tochter. Die Mutter nahm der Expartner laut Polizei gleich mit.

Es folgte ein eilig einberufener Gipfel, der schöne Fotos ergab. Die Experten und Expertinnen, die seit Jahren auf Vorschläge und Konzepte und Budgeterhöhung pochen, wurden nicht eingeladen, was Blaubart vermutlich auch gefallen würde.

Immerhin ist ein runder Tisch mit ihnen geplant – anberaumt für erschreckend kurze eineinhalb Stunden. Immerhin geht es um Leben und Tod. Das ist jammerschade, denn die Fachleute wissen, was sie tun und haben jahrelange Erfahrung.

Gewalt gegen Frauen zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Es braucht keine erneute Evaluation dessen, was schon bekannt ist. Es braucht Handlungen.

Es braucht Frauen und Männer, die aufstehen
Und ein Budget, das diesen Namen verdient hat. Man bedenke: Jeder Femizid geht uns alle an. Man bedenke weiters: Es könnte die eigene Mutter, Tochter, Schwester, Freundin treffen. Um diese Tendenz zu brechen, wird es Frauen und Männer brauchen, die dagegen aufstehen, aufmerksam sind, und Hilfe anbieten.

Auch das Empfehlen einer Männerberatung kann helfen, die nächste Gewalttat zu verhindern. Ein rechtzeitiges Gespräch unter Männern. Feminismus trennt nicht, er vereint. Jene, die Gewalt an Frauen ablehnen.

Männer, es ist Zeit.

Zur Person

Julya Rabinowich, geboren 1970 in St. Petersburg, entwurzelt und umgetopft nach Wien. Studium am Institut für Translationswissenschaft an der Universität Wien sowie an der Universität für angewandte Kunst. Die Autorin, Dramatikerin und Malerin ist mit diversen Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem 2008 dem Rauriser Literaturpreis für ihren Debütroman „Spaltkopf“, dem Marianne-von-Willemer-Frauen Literatur-Preis (2013) und dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis (2017). Jüngste Publikationen: „Dazwischen: Ich“ (München 2016), „Krötenliebe“ (Wien 2016). 2019 wurde ihr Roman „Herznovelle“ mit Martina Gedeck in der Hauptrolle verfilmt.

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