Bernhard im Interview

Das Geheimnis der Alemannen

Vorarlberg
23.03.2021 10:00

Dr. Christian Bernhard, Mediziner und Vorsitzender der Kommission Gesundheit und Soziales bei der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) über das Erfolgsgeheimnis der Vorarlberger, den Sinn von Antigentests, die Gefahr, die Mutationen mit sich bringen und warum es eigentlich sinnvoll wäre, den Impfstoff so schnell wie möglich ins Ländle zu schaffen und zu verimpfen.

Krone: Vorarlberg ist im Hinblick auf die Infektionszahlen so etwas wie das gallische Dorf. Wie lassen sich die guten Zahlen erklären?
Bernhard: Das hat einerseits ein bisschen mit der alemannischen Disziplin der Bevölkerung zu tun, andererseits aber auch mit der geografischen Lage und den doch bestehenden Beschränkungen beim Grenzübertritt. Geschweige denn mit der Tatsache, dass es einen Berg zu Rest-Österreich gibt. Und ich bin überzeugt, dass uns noch ganz viel wissenschaftliches und medizinisches Verständnis fehlt. Es gibt Dinge, die wir über dieses SARS-CoV-2-Virus heute noch gar nicht wissen. Da werden sich die Generationen nach uns noch wundern, was wir alles nicht gewusst haben.

In Ländern wie Großbritannien, Dänemark oder auch anderen österreichischen Bundesländern hat der Anteil der Mutationen rasend schnell zugenommen.
In Vorarlberg ist das derzeit nicht der Fall. Durch konsequentes „Einzingeln“, etwa durch Kontaktnachverfolgung, kann die Zahl nicht rasend schnell steigen. Aber jede kleine Öffnung birgt hinsichtlich der Mutationen auch immer ein Risiko.

Wie können die guten Zahlen gehalten werden?
Durch konsequentes Testen. Das ist so, als ob man ein Netz knüpft und dieses Netz wird durch viele Testungen immer enger geknüpft, so dass nach Möglichkeit jede Infektion erkannt wird. Allein in der vergangenen Woche wurden ja über 100.000 Vorarlberger getestet.

Aber wie effektiv sind denn diese Tests wirklich?
Das hängt vom jeweiligen Test ab - und es ist schon richtig, dass gerade die Antigentests bei asymptomatischen Menschen nur bedingt Aussagekraft haben. Aber die Antigentests haben, das zeigen auch die jüngsten Studien, durchaus ihre Berechtigung.

Wäre es sinnvoll, jetzt ganz Vorarlberg zu impfen, bevor auch hier Mutationen überhandnehmen?
Das würde voraussetzen, dass wir anderen den Impfstoff wegnehmen. Aber rein technisch und medizinisch wäre es sehr sinnvoll, wenn alle diejenigen, die eine Impfung möchten, diese so schnell wie möglich bekommen. Wir haben ja in den vergangenen Monaten gelernt, dass Mutationen im Infektionsgeschehen eine große Rolle spielen. Und je eher es möglich wäre, die Infektionskette für möglichst viele konsequent zu durchbrechen, umso erfolgreicher wären wir.

Bei den Sitzungen der „IBK“ geht es immer wieder um Grenzübertritte. Ist die derzeitige Situation notwendig?
Es hat schon eine gewisse Bedeutung, dass man nicht ungehindert hin und her reisen kann. Auf der anderen Seite sind diese Grenzbehinderungen im Hinblick auf das gemeinsame Verständnis der Region nicht wünschenswert. Meines Erachtens wäre es besser, wenn sich die Länder um den Bodensee auf gemeinsam getragene Maßnahmen geeinigt hätten. Es wäre schön, wenn man bei Aufträgen wie die Grenzen offenzulassen und beim Bearbeiten der Agenden mehr Pouvoir hätte.

Das heißt: Entschieden wird schlussendlich immer in Wien, Berlin und Bern?
Wir haben uns bemüht, die Grenzen immer offenzuhalten, aber man merkt, dass Nationalstaaten und regionale Bedürfnisse nicht ideal unter einen Hut zu bringen sind. Vielleicht gelingt das bei hinkünftigen Pandemien besser.

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