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Martin Grubinger: Die Grünen haben es in der Hand

Salzburg
13.02.2021 22:30
Im Jahr 1983 rief der Urvater aller konservativen Politiker, Helmut Kohl, für seine Politik als Bundeskanzler Deutschlands die „geistig moralische Wende“ aus. Nach sozial-liberalen Jahren des „moralischen Niedergangs und einer Kapitulation vor dem Zeitgeist“ seien wieder konservative Werte wie Anstand, Moral, Rechtschaffenheit und politische Sauberkeit gefragt.

Die „geistig moralische“ Wende des Helmut Kohl endete in Affären mit illegalen Parteikassen, gefüllt mit Parteispenden für Wahlkämpfe des moralischen Übervaters. Wolfgang Schäuble übrigens, späterer bundesdeutscher Finanzminister, trat im Jahr 2000 als CDU-Vorsitzender zurück, als man ihm nachweisen konnte, den damaligen Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber getroffen zu haben.

Im Jahr 2017 tritt in Österreich ein konservativer Enkel Helmut Kohls als Spitzenkandidat in den Ring. Sebastian Kurz verspricht den „neuen Stil“. Ein Ende des Anpatzens, maximale Transparenz, neue Wege der Zusammenarbeit und das Regieren aus einem Guss. Aufregend war das. Nach den bleiernen Jahren der großen Koalition und des gegenseitigen Frotzelns ohne wirkliche Fortschritte kam da ein junger Kanzler, der alles neu und besser machen wollte. Fast vier Jahre später und nach bald drei verschlissenen Koalitionen, die eine Spur der politischen Verwüstung durch unser Land gezogen haben werden, wissen wir: Wir haben uns geirrt.

Das derzeitige Grundrauschen ist geprägt von den Vorwürfen der Korruption. Da wurde geschreddert, vertuscht und gelöscht. Aktuelle und ehemalige Finanzminister beispielsweise, die sich zuerst gar nicht erinnern wollten und nun plötzlich ganz genau sagen können, dass alles in bester Ordnung sei.

Zweifelhafte SMS-Nachrichten an Regierungsmitglieder mit der Bitte um Unterstützung bei gleichzeitigem Anbot einer Spende.

Sündteure Vergaben auf Kosten des Steuerzahler wie das krachend gescheiterte „Kaufhaus Österreich“ (1,4 Millionen Euro) oder der monatliche Betrieb der Website „Österreich testet“ um 190.000 Euro.

Dazu der fast flehentliche Ruf von Richterin Christina Jilek, die Justiz in polit-nahen Bereichen doch endlich ohne politische Einflussnahme ermitteln zu lassen.

Die sauren Wiesen – wir bekommen sie einfach nicht trockengelegt. Das ist die Begleitmusik in einem Land, das in der schwersten Krise seit 70 Jahren steckt. Eine Regierung, die sich in der Pandemie-Bekämpfung nicht mehr an die Empfehlungen der Experten halten kann, sondern politische „Freunderl“/Spender besänftigen muss. Verzweifelte Wirtschaftsbosse, die im Kampf gegen einen Wirtschaftseinbruch auf eine Mauer der Inkompetenz stoßen. Klein- und Mittelständler vor den Scherben ihrer Existenz, tausende Haushalte in Angst vor drohenden Delogierungen. Dazu mehr als 520.000 Arbeitslose, während bereits der nächste Lockdown droht.

Diese Regierung kann nicht mehr. So wird das nichts mehr. Wie also weiter? Das Heft des Handelns liegt nun bei den Grünen.

Werner Kogler hat eine umweltpolitische Wende, saubere Politik und Anstand in Menschenrechtsfragen versprochen. Der Markenkern der Grünen ist nach nur einem Jahr massiv ramponiert. Bleiben sie in dieser Regierung, werden sie vom Sog der zahllosen Ungereimtheiten mitgerissen. Dann droht das Ende der Grünen als Partei.

Neuwahlen aber können wir jetzt auch nicht brauchen. Umso mehr aber Kompetenz, Stabilität und Sauberkeit. Die Grünen sollten diese Koalition wohl verlassen. Daraufhin sollten ÖVP, SPÖ, NEOS und GRÜNE eine unabhängige Expertenregierung im Parlament stützen, die Österreich bis zum Ende dieser Pandemie mit den kompetentesten Köpfen, die dieses Land aufbieten kann, in ruhigere Gewässer führt.

Dann besteht die einmalige Chance, endlich die strengsten Anti-Korruptionsgesetze Europas umzusetzen. Vorschläge dazu gibt es zuhauf. Wenn dies alles überwunden ist, können wir im Jahr 2022 neu wählen. Die Grünen haben es in der Hand. Sie können im Interesse aller einen Neuanfang ermöglichen und den Niedergang stoppen.

Ein „geistig moralischer“ Neustart in Grün.

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