"Bin sehr dankbar"

Maximilian Schell erhält den Goldenen Rathausmann

Wien
18.11.2010 12:27
"Wollte er länger schlafen?" - Maximilian Schell hat es mit Humor genommen, dass sich Bürgermeister Michael Häupl (SP) am Donnerstag bei der Verleihung des Goldenen Rathausmannes entschuldigen ließ. Die Überreichung im Roten Salon des Rathauses übernahm daher Vizebürgermeister Michael Ludwig (SP), der neben Schell auch den gebürtigen Wiener Siegfried Ramler auszeichnete.

Die gemeinsame Ehrung hat einen Hintergrund: Ramler wirkte vor 65 Jahren als Dolmetscher bei den Nürnberger Prozessen mit, während Schell für seine Rolle des Nazi-Verteidigers in der filmischen Umsetzung der Prozesse, "Das Urteil von Nürnberg" (1961), einen Oscar erhielt.

"Konrad. Konrad Schell"
Schell, der in knapp drei Wochen seinen 80. Geburtstag feiert, wirkte bei der Verleihung zwar selbst ein wenig verschlafen, aber trotz allem bestens gelaunt - obwohl er sich bei der Verleihung mehr Publikum erwartet hätte. "Nur Fotografen hier, kein Mensch sonst?", stellte er überrascht fest, als er mit seiner Lebensgefährtin Iva Mihanovic, den Roten Salon betrat. Die Blitzlichter der Fotografen teilte er sich jedoch gerne mit dem zweiten Preisträger, bei dessen Vorstellung sich Ludwig prompt versprach. "Stefan Ramler" rutschte ihm heraus - woraufhin ihn Schell auch bei seinem Namen verbessert. "Konrad. Konrad Schell", scherzte der 79-Jährige.

Ramler: "Für mich schon etwas Nostalgisches"
Ramler fand es "besonders wunderbar, mit einem Weltstar wie Maximilian Schell" ausgezeichnet zu werden. Für die Verleihung und eine Vortragsreihe ist der Dolmetscher nach 72 Jahren erstmals in seine Geburtsstadt zurückgekehrt. "Das hat für mich schon etwas Nostalgisches", so Ramler. Im Alter von 14 Jahren war er 1938 mit einem der Kindertransporte nach London geflüchtet, während Schell mit seiner Familie in die Schweiz ging. Der Schauspieler und Regisseur zeigte sich bei der Überreichung des Ordens "sehr dankbar" - nicht im Speziellen für die Auszeichnung ("Das ist der 'große goldene Rathausmann'? Der ist aber klein."), sondern vielmehr dafür, "heute zu leben". "Die Zeit war damals so rau, Menschenrechte wurden mit Füßen getreten", meinte der 79-Jährige. "Jetzt befinden wir uns in der längsten friedlichen Periode der österreichischen Geschichte. Es ist wirklich ein Privileg, heute zu leben."

Verbindung durch die Nürnberger Prozesse
Schell und Ramler sind nicht nur durch ihre österreichischen Wurzeln und die Flucht vor den Nazis ins Ausland im Jahr 1938 verbunden, sondern vor allem durch die Nürnberger Prozesse. Vor 65 Jahren, am 20. November 1945, war die NS-Führungsriege in Nürnberg vor Gericht gestellt worden. Ramler ist einer der letzten Zeitzeugen dieser Prozesse, fungierte als zuständiger Übersetzer von hochrangigen Nationalsozialisten wie Hermann Göring. Und er wirkte an der Verfahrens-Dokumentation mit, die später als Vorlage für den Hollywoodfilm "Das Urteil von Nürnberg" (1961) diente - jener Film, für den Schell in seiner Rolle als Nazi-Verteidiger Hans Rolfe den Oscar gewann.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele