„Ist doch verrückt, was uns hier zugemutet wird. Zuerst das Leben. Dann der Tod“, sagt Ursina Lardi. Sie stemmt sich gegen das Unbegreifliche: Die Last des Lebens ist die Last des Todes. Ihr Spiel und der hervorragende Text lassen die 80 Minuten vorbeirauschen – obwohl es keine klassische Handlung gibt. „Es soll einmal ein einzelner Mensch erfasst werden, damit diese Einsamkeit verschwindet!“
Dieser Mensch ist die todkranke Helga Bedau. Rau und Lardi lernten sie in einem Hospiz kennen. Sie spricht per Videoeinschaltung, tritt in einen Dialog mit der Darstellerin. „Haben Sie Angst vor dem Tod?“, fragt Lardi. Bedaus Gesicht ist gezeichnet von einer Chemotherapie: „Nein. Ich versuche, nicht an ihn zu denken.“ Ob ihr das gelingt? Für die Zuschauer: unmöglich. Bedau erzählt von ihrer Jugend, den 68ern in Berlin. Dann übernimmt Lardi: „Weniger als alles war nicht akzeptabel!“ Im Hintergrund schwelgt Bedau zu Hippiesound in ihren Erinnerungen. Gänsehaut. Das Stück durchbricht dauernd die vierte Wand zum Publikum. Wirklichkeit und Spiel verschwimmen zu einer einzigen Mahnung: Lasst den Gedanken an den Tod ins Leben! Nutzt eure Zeit! Bedau will zuhause sterben, dabei Bach hören, während draußen Sommerregen fällt. Lardi setzt sich ans Klavier, spielt. Ein Regenvorhang setzt ein, lässt die Projektion der Sterbenden wabern, bis sie verschwindet. Am Ende: ein Moment Bewusstsein, dass wir einmal an Bedaus Stelle sein werden. Applaus. Großes Theater.
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