Nicht nur Mentor weg

Rangnicks Abgang macht Bullen verwundbarer

Salzburg
04.08.2020 08:00
Neben Ralf Rangnick sagten mit Ernst Tanner und Christopher Vivell unlängst zwei weitere Mosaiksteine Ade, die lange an Salzburgs neuer Erfolgs-DNA mitgefeilt hatten. Der Abo-Meister wird ohne den Christoph Freund-Mentor nun noch mehr auf sein Wohl achten müssen.

Am 31. Juli ging eine echt große Ära zu Ende. Jene von Ralf Rangnick im Fußballuniversum von Red Bull. Das mag aus Salzburger Sicht nicht weiter tragisch erscheinen. Immerhin hat der gebürtige Schwabe ja offiziell mit Österreichs Liga-Krösus seit der Entflechtung mit Schwesterklub RB Leipzig in der Saison 2014/15 nichts mehr am Hut. Ganz so einfach ist die Sache aber dann auch wieder nicht. Denn der Großteil der Strukturen und Netzwerke, die Salzburg seit Jahren auf der Erfolgswelle surfen lassen, fußen im Gros auf den Ideen des 62-Jährigen.

Zurück zum Anfang: 2012 ist Rangnick vom heutigen Salzburg-Hauptsponsor Dietrich Mateschitz als neuer starker Mann an der Salzach installiert worden. Rangnick krempelte von den Minis bis zu den Profis alles um, verpasste dem Klub auch dank der Akademie-Eröffnung im September 2014 in Liefering ein davor nie dagewesenes klares Konzept mit sehr einheitlichem Spielsystem (Stichworte: Pressing, Umschaltspiel, Athletik). Er revolutionierte das Scouting-System und versprach Salzburg, in Zukunft Champions League zu spielen und Kicker sogar im zweistelligen Millionenbereich verkaufen zu können.

Die Toptransfers von Mané und Co, die europaweit aufhorchen ließen, sind viel früher als die erstmalige Teilnahme an der Königsklasse eingetreten. Rückblickend hat der Fußball-Professor aber weit mehr Ziele erreicht als verpasst. Und der Youth League-Coup 2017 glückte, weil Rangnick Jahre zuvor „Jugend an die Macht“ postuliert hatte.

Und er hat mit seiner speziellen Philosophie, die sehr von Mentor Helmut Groß geprägt war, den im Vergleich mit den europäischen Fußball-Giganten kleinen rot-weiß-roten Klub zukunftsfit gemacht. Trotz aller Hopplas, Skandale, Ungereimtheiten, die es in der Rangnick-Ära gegeben hat.

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Ralf Rangnick ist ja bereits 2015 als Sportdirektor bzw. Trainer zu RB Leipzig gewechselt. Wir stehen also schon seit sehr vielen Jahren auf eigenen Beinen.

Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund

Man denke an 2014. Da wollte Rangnick Mané nach Leipzig lotsen, Mané aber streikte. Salzburg ging ohne den Offensiv-Mann in Malmö unter. Man denke an die Zeit, als Rangnick als Leipzig-Boss Transferdetails ausplauderte, noch bevor der Verkauf eines Salzburgers zur „Schwester“ offiziell gemacht worden war.

Man denke an seine herablassenden Worte, als er vorm Europa League-Bullen-Duell 2018 meinte, Salzburg sei viel ausgeruhter als Leipzig, weil’s in der Alpen-Liga nicht so heiß herginge. Charakterlich mag Rangnick nicht jedermanns Sache gewesen sein. Bei Personalentscheidungen bewies er aber meist ein goldenes Händchen. Von Roger Schmidt über Adi Hütter bis Jesse Marsch: Diese Typen hatte sich Rangnick in den Kopf gesetzt. Wie Christoph Freund, der unter ihm lernte, seit Rangnicks Salzburg-Abgang 2015 die Geschicke in der Mozartstadt mit anhaltendem Erfolg leitet.

Die Rangnick-Connection hat auch Ernst Tanner zum umsichtigen Nachwuchsleiter werden lassen, geholfen, Christopher Vivell als Scouting-Chef zu gewinnen. Aber wie Rangnick sind diese zentralen Bullen-Figuren nun Geschichte. Zudem beginnt Oliver Mintzlaff – Leipzigs neuer starker Mann – einstige Rangnick-Getreue aus dem RB-Klub zu drängen. Unklar ist, wie lange Salzburg noch auf Rangnicks umfassendes Transfer-Netzwerk zurückgreifen kann. Die Luft dürfte, auf Sicht betrachtet, dünner werden. Ralfs Abgang und die noch nicht abschätzbaren Folgen machen die Bullen in jedem Fall verwunderbarer.

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